Zum Abschluss des G20 Gipfels in Cannes äußert sich die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision zutiefst enttäuscht. Themen wie Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung, die den größten Effekt auf die Entwicklung von Kindern in den Ländern des Südens haben, wurden größtenteils ignoriert. Selbst Bill Gates‘ Vorstellungen zu innovativen Finanzinstrumenten wurden kaum wahr genommen. Die Krise in der Eurozone und das griechische Referendum dominierten die Gespräche. „Im Vorfeld des Gipfels hatte die französische Regierung große Anstrengungen unternommen, das Thema Nahrungsmittel-Sicherheit als Top-Thema auf die Agenda zu setzen“, erläutert Marwin Meier, Referent für Gesundheits- und Ernährungsthemen. „Daher hofften wir auf weitreichende neue Ideen und Vorschläge. Unsere Erwartungen wurden leider zutiefst enttäuscht“.
Die Geschichte und leider auch der aktuelle Gipfel zeigen, dass die G20 und G8 Führer sich von unerwarteten Krisen leicht aus dem Konzept bringen lassen. Der ambitionierte Slogan des französischen G20 Gipfels, dass in Cannes Geschichte geschrieben werden solle, klingt bitter wenn man bedenkt, wie wenig von der ursprünglichen Agenda besprochen wurde. „Wir hoffen, dass der bevorstehende G20 Gipfel, der 2012 in Mexiko stattfinden wird, genug Raum für Armuts-Themen einräumt, wie z.B. die Mütter- und Kleinkindsterblichkeit. Denn hier liegen wir bei der Erreichung der entsprechenden Millennium-Entwicklungsziele noch weit zurück“, so Meier.
Der G20 Gipfel machte eher den Eindruck eines EU-Gipfels. Der Fokus der politischen Gespräche und Medienberichterstattung lag auf der Lösung der europäischen Finanzkrise. „Wir bestreiten nicht, dass dieses Thema wichtig ist, doch die 925 Millionen Menschen, die jeden Abend mit einem leeren Magen ins Bett gehen und die Millionen Menschen am Horn von Afrika, die derzeit ums Überleben kämpfen, hätten die Aufmerksamkeit der einflussreichsten politischen Führer dringend benötigt“, betont Meier. Lösungsvorschläge und Ansätze gibt es reichlich, aber zumindest der politische Wille muss vorhanden sein, um wirkliche und nachhaltige Verbesserungen für die ärmsten und schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die Kinder, zu erreichen.
Cannes ist eine reiche und schöne Stadt. Diese Umgebung lässt leicht vergessen, mit welchen Herausforderungen der Großteil der Menschheit jeden Tag zu kämpfen hat. „Der Gipfel in Cannes wird als Konferenz der verpassten Chancen in die Geschichte eingehen“, erläutert Mauricio Cunha, stellvertretender Direktor von World Vision Brasilien. „Der Fokus auf die griechische Tragödie bedeutet für viele Kinder in den ärmsten Ländern der Welt, auch in meinem Land, dass sie weiterhin Hunger leiden müssen. Jeden Tag sehe ich diese Kinder auf der Straße.“
Etwa 200 Millionen Kinder sind weltweit chronisch mangelernährt. 44 % dieser Kinder leben in den G20-Ländern und damit unter der direkten Verantwortung der in Cannes versammelten Staatenlenker. Die G20 Führer repräsentieren zwei Drittel der Weltbevölkerung und mehr als 90% der Weltwirtschaft. Darum haben die in Cannes versammelten Politiker die Pflicht und eine besondere Verantwortung, Wirtschaftsmaßnahmen zu entwickeln, die auch für die ärmsten Kinder und deren Familien eine Verbesserung ihrer Lebensumstände zur Folge haben.
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