Brasilien, fünftgrößtes Land der Welt und größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, zieht ausländische Unternehmen magnetisch an. Trotz kafkaesken Bürokratie-Wahnsinns, stratosphärischen Kosten, astronomischen Steuern und Zinsen, erwartet die Zentralbank (Banco Central do Brasil) einen Anstieg ausländischer Direktinvestitionen um 45 Prozent auf 70 Milliarden US-Dollar im Jahr 2011.
Dies bedeutet für die Volkswirtschaft des Nachbarlandes von Venezuela einen neuen Rekord. Der Grund für den Boom ist einfach: ein unersättlicher Heimatmarkt ist für 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr verantwortlich. Deshalb ist Brasilien in der Lage die Auswirkungen der globalen Krise abzufedern und sogar noch um als 3 Prozent zu wachsen.
Dies bleibt im Ausland nicht unbemerkt. Im Gegensatz zu Venezuela, wo der Sozialismus des 21. Jahrhunderts für einen unaufhaltsamen Niedergang sorgt, ist die Regierung der Präsidialen Bundesrepublik vorausschauend und Unternehmerfreundlich. Ausländische Firmen können mit Vergünstigungen rechnen und müssen keine Verstaatlichung befürchten.
Der Boom hat für die einheimische Bevölkerung allerdings auch Nachteile. Laut einer aktuellen Studie der internationalen Managementberatung Mercer Consulting wurde São Paulo die zehnt-teuerste Stadt der Welt für ausländische Führungskräfte und ist damit teurer als New York, Oslo und Paris. Der Big Mac kostet fast doppelt so viel wie in London, Büro-Mietpreise liegen über denen in Manhattan. Allerdings ist in der finanziellen Hauptstadt Brasiliens die Bürokratie dreimal schlechter als in entwickelten Nationen und mit am wenigsten effizient in der Welt.
„Die finanziellen Aufwendungen für eine personelle Struktur in Brasilien sind 20 bis 30 Prozent höher als in Argentinien. Nur 12 Prozent der landesweiten Straßen sind geteert oder gepflastert, im Gegensatz zu China oder Russland (80%). Alle Defizite werden jedoch durch das gewaltige Volumen des Marktes wieder aufgewogen und führen am Ende zu besseren Ergebnissen wie in anderen Ländern der Welt“ erklärte Ezequiel Barrenechea, Regional Direktor der argentinischen Holdinggesellschaft Corporación América.
Die Weltbank schätzt den Zeit- und Kostenaufwand für die Eröffnung eines Geschäftes in Brasilien um fast 10 mal höher als in einem entwickelten Land. „Die Kosten sind hoch, aber die potenzielle Rendite ist ebenfalls hoch. Deshalb sind die Unternehmen bereit darüber nachzudenken und Geschäfte zu machen“, erklärte ein US-Diplomat in São Paulo. Laut dem weltweit tätigen Investment Banking und Wertpapierhandelsunternehmen Goldman Sachs ist der brasilianische Real eine der überbewerteten Währungen in der Welt und zu 50% für die astronomischen Lebenshaltungskosten verantwortlich.
Inzwischen gibt es eine Überhitzung des Wohnungsmarktes. Die globale Immobilien-Dienstleistungsgesellschaft Cushman & Wakefield schätzt, dass die Büromieten in São Paulo um 23 Prozent im dritten Quartal 2011 anstiegen. „Viele unserer Kunden klagen über den Mangel an Angebot und Qualität der Gewerbebauten in São Paulo“, berichtet Mário Bernardini, Managing Direktor von Cushman-Marktforschung für Südamerika. Brasilien hat auch die zweifelhafte Ehre, mit Zinssätzen zwischen 45 und 200 Prozent für Unternehmens-und Konsumentenkredite Spitzenreiter in Lateinamerika zu sein.
Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. Obwohl das Wirtschaftswachstum mit 3 Prozent in 2011 weniger als die Hälfte des Rekordjahres 2011 aufweist (7,5%), ist das Land attraktiver als die meisten von der Rezession und von astronomischen Schulden betroffen Staaten. Eine sich entwickelnde Mittelschicht ist begierig, ihre neuen Kreditkarten für Investitionen zu verwenden. Das Land schwimmt auf gigantischen und qualitativ hochwertigen Erdölfeldern, organisiert die WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016. Einer Erhöhung der Attraktivität auf lange Sicht wird von allen namhaften Experten prophezeit.
Darüber hinaus verfügt das Land über ein effizientes Finanzsystem mit einem anspruchsvollen Business-Umfeld. „Es gibt viele Komplikationen in Brasilien, aber die Möglichkeiten überwiegen jede Art von Schwierigkeiten“, erklärt ein Sprecher der mexikanischen Kinokette Cinépolis. „Wir eröffnen bereits unseren vierten Kinopalast innerhalb von nur zwei Jahren“.
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