Klein aber Fein: Erfolgreiche Hilfsprojekte in Haiti

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Datum: 19. Januar 2013
Uhrzeit: 10:27 Uhr
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Autor: Otto Hegnauer
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Das Kochen von Gemüse und Fleisch gehört zu den ältesten Errungenschaften der Menschheitsgeschichte. Gemäss Richard Wranghams hat das Kochen den Menschen erst zum Menschen gemacht. Wann genau unsere Vorfahren zu kochen begonnen haben, darüber besteht noch Streit. Egal, ob es nun 700.000 oder über eine Millionen Jahre her sein mag, sicher ist, dass die Menschen die aller längste Zeit ihrer Geschichte auf Holz und Holzkohle gekocht haben.

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Da die Ressourcen schwinden, arbeitet die Welt fieberhaft an der Entwicklung der Pyrokocher. Sie bestehen aus zwei ineinander geschobenen Röhren. Die innere ist die nach oben offene Pyrolysekammer. Am oberen und unteren Ende der Röhrenaußenwand sind Löcher gebohrt, aus denen das brennbare Gas aus- und einströmt.

Die äussere Röhre schließt am oberen Ende luftdicht ab. Am unteren Ende befinden sich Öffnungen, durch die Außenluft für die Verbrennung angesaugt wird.Solch ein Ofen lässt sich aus zwei alten Blechbüchsen, einem Bohrer und einem Lötkolben herstellen. Die innere Röhre wird mit vorgetrockneter Biomasse (Gemüseschalen, Zweige, Trockenmist, Essenreste, Kartoffelschalen und anderen Küchen“abfällen“) gefüllt und mit etwas Zunder oben angezündet. Durch den Luftstrom, der in der äußeren Kammer nach oben fließt, werden die Pyrolysegase in der inneren Kammer nach unten gesaugt. Der Vorgang hält solange an, bis die gesamte Biomasse des inneren Zylinders zu Biokohle verwandelt ist und die Flamme erlischt. Ist die Verkohlungstemperatur von ca. 400 Grad einmal erreicht, kann für eine längere Brenndauer zusätzliches Brennmaterial in den inneren Zylinder nachgefüllt werden.

Koch- und Essabfälle gehören nicht in den Abfalleimer, sondern können direkt als Brennstoff statt Holzkohle verwendet werden, Alternative Brennstoffe sind bekanntlich die Lösung zur Rettung des Waldes. Zugleich können gesundheitsschädigende Russemissionen verhindert werden. Als Rückstand des Kochens ensteht wertvolle Biokohle.

Je stärker jedoch die Bevölkerungszahlen anwachsen, desto knapper wird das in der Nähe nachwachsende Brennholz. Wie Beispiele in Mesopotamien, am Indus, am Nil, in Hellas, dem Karst und der Sahara noch heute vor Augen führen, wurden riesige Gebiete komplett entwaldet. Dies führte nicht nur zu Hungerkatastrophen und ökologischen Desastern, sondern insbesondere auch zur Verknappung von Brennstoffen und damit zu schwer lösbaren Problemen der Nahrungsmittelzubereitung.

Durch die Entdeckung von Kohle und Erdöl sowie die Erfindung von Zement wurde dem Raubbau am Wald zumindest in Europa ein vorläufiges Ende gesetzt. Hausbau, Heizung und Nahrungszubereitung konnten fortan auf Basis der neuen Energieträger und Baustoffe gewährleistet werden. Doch diese energetische Wende hin zum Fossien täuschte zu lange darüber hinweg, dass der Raubbau an der Natur lediglich in tiefere geohistorische Schichten verlagert ist.

Was nach den Kriterien der Nachhaltigkeit zum Heizen, Bauen, Transportieren und Kochen an Energie zur Verfügung steht, ist lediglich das, was sich etwa im Tempo des Verbrauches auch wieder erneuert. Das heisst, verbraucht werden dürfte nur das, was die Sonne tagtäglich der Erde an Strahlungsenergie zur Verfügung stellt und das durch die bestehenden Ökosysteme oder Technologien zwischengespeichert wird.

Man nennt das „Energiebilanz“. Um eine ausgeglichene Energiebilanz aufzuweisen, dürften die Menschen lediglich die Brennstoffe und Energien nutzen, die jedes Jahr in der Biomasse akkumuliert oder in Form von Wind, Wasserkraft, Wärme oder Photonen durch die Sonnenstrahlung nutzbar gemacht werden können. Fast alle anderen Energien sind von der Erdgeschichte geraubt und führen zu einer Destabilisierung der Energiebilanzen und damit auch der Ökosysteme.

In Entwicklungsländern, in denen insbesondere der verarmten und enteigneten Bevölkerung der Zugang zu fossilen Brennstoffen sowie zu Elektrizität verwehrt ist, werden aufgrund des galoppierenden Bevölkerungswachstums die nachwachsenden Ressourcen derart ausgebeutet, dass es häufig nicht nur an Nahrungsmitteln, sondern auch an Brennstoffen zur Zubereitung der wenigen Nahrungsmittel fehlt. So belaufen sich in Ländern wie Haïti die täglichen Kosten für Brennstoffe zum Kochen auf 1-2 US-Dollar, etwa so viel wie ein Bürger im Durchschnitt verdient. Aber viele haben gar keine Arbeit, und so kannst du ausrechnen, wieviel zum Essen noch bleibt.

Brennstoffe sind zu einem knappen Gut geworden, dessen Beschaffung nicht nur kilometerweite Sammelwege erfordert, sondern vor allem auch die umgebende Natur ihrer Regenerationskraft beraubt. Das Beschaffen von Brennstoffen zum Kochen und das Erzeugen von Grundnahrungsmitteln wird so zu einem sich gegenseitig beschleunigenden Teufelskreislauf.

Pyrokocher helfen mit, Abhilfe zu schaffen, da nicht nur Holz, sondern auch alle biologischen Abfallstoffe als Brennstoff verwendet werden können. Der Einsatz solcher Pyrokocher führt zudem zu einer wesentlichen Reduktion der Luftbelastung in Wohnräumen, und ganz nebenbei entsteht auch noch Biokohle. Diese kann zur Bodenverbesserung benutzt und damit zur Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden.

Die biologischen Abfälle werden in einer neuen Fabrik zu Treibgasen für Autos verwendet. Autobesitzer kommen eben vor den Hungernden, aber immerhin wird damit ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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