In den ersten Tagen tröpfelten die Schüler noch etwas zaghaft ein, am Montag wurde es dann stürmisch, das Schulhaus war fast am Bersten. Schüler die das erstemal zur „ESMONO“ kamen wurden oft von den Eltern begleitet, die standen vor dem Schulhauseingang förmlich Schlange. Einzelne Spätzünder wollten sich auf dem Schulbüro noch einschreiben, da fehlte halt einmal eine Geburtsurkunde und ein andermal ein Foto. Heimgeschickt wurde deswegen niemand.
Einzelne Lehrerinnen arbeiteten an der Klasseneinteilung; die Zuweisung erfolgte anhand von Tests, die Kinder wurden dann von einer Lehrperson ins passende Klassenzimmer begleitet und bezogen ihren Platz in den selbst gezimmerten Bänken. Die richtigen Schulmöbel kommen ja erst in den Containern, auch Schulbücher und Utensilien fehlen weitgehend, und die Schulwandbilder an den Wänden sind handgebastelt.
Ein Motivationsmittel Ia scheinen die T-Shirts zu sein, die vorläufig auf eigene Kosten beschafft und von Mano bedruckt wurden, die vorgesehenen sind ja noch auf der Container-Reise. Unsere Container hätten eben auf einem Umweg Panama passiert und werden in ein paar Tagen eintreffen. Nicht aber die Schulbücher, wie in Paten Projekt 16 beschrieben, suchen wir noch dringend einen Spender für den Kauf der notwendigen Schulbücher.
Bis dahin stellen sich die Knirpse ihren Kollegen mal vor, im einfachsten Fall durch Nennung des Vor- und Familiennamens, die meisten lernen damit dass das nicht dasselbe ist. Sie haben sich bis dahin mit einem Ruf- oder Übernamen benannt, der meistens aus zwei einfachen Silben besteht, Titi oder ähnlich.
Gut kommt scheinbar unser T-Shirt an, die Leibchen sind noch nicht alle bedruckt. Mano der Computerlehrer hat Hochbetrieb, obchon die Schulcomputer noch nicht da sind. In einigen Tagen kommen ja mindestens nochmals ihrer 300 Leibchen im Container an, natürlich unbedruckt. Mano wird kurz vor dem Mayday stehen … ( Die Mauer gegen den Hunger wächst).
Noch andere stehen vor dem Mayday. Laika berichtet, dass morgen NOCH mehr Schüler zu erwarten sind, da etliche Eingeschriebene noch fehlten. Vor dem einzigen [W]C stauen sich zu Beginn der Pausen die Kinder zu Dutzenden. Laika und Lena eilen zu Hilfe. Laika war die Gemeindeschreiberin in Gresye, meinem Wohnort bis zum schrecklichen Erdbeben. Jetzt arbeitet sie bei uns als pädagogische Beraterin und eben in Spezialeinsätzen, die Gemeinde ist geschlossen …
Während sich einzelne Kleinknirpse nicht zurechtfinden, jämmerlich schreien, wieder heim wollen und auch von Laika einzelbetreut werden müssen, brechen die meisten schon bald in wilde und tosende Sprechchöre aus oder was die Klassenlehrerinnen gerade als Motivationsfedern ausgesucht haben. Die sind offenbar bereits „familiar“geworden, auch ohne Spezialhilfe.
Was uns „Grosse“ in den ersten Tagen noch als zaghaftes Getröpfel erschreckte, entwickelte sich am Montag zum haïtianischen Sturm, das Schulhaus war fast am Bersten. Schüler die das erstemal zur ESMONO kamen wurden oft von den Eltern begleitet, die standen vor dem Schulhauseingang förmlich Schlange. Sie verzogen sich dann aber sofort, im Gegensatz zum 1. Schuljahr, damals hatten sie noch stundenlang hospitiert.
T-Shirts und gezimmerte Bänke, Schüler und gute Absichten sind das vorhandene „Inventar“, die Schulbücher fehlen noch. Was nicht ist, kann noch werden, die Hoffnung bleibt jedenfalls. Auch die Hoffnung auf einen Spender, der aktiv wird. Im Sinne unserer Schulbücher, die doch bisher immer gespendet wurden. Leider gibt es halt gewisse Ausgaben, die mit einer einmaligen Spende nicht vom Tische sind, sondern die jährlich wiederkehren.
Viele Schüler kommen hungrig zur Schule, andere haben wenigstens Dreckkekse bekommen, gebacken aus Lehm, Salz und Pflanzenfett, das hilft gegen Hungerschmerz (Schulküche). Es wird ja noch eine Schulküche entstehen, dafür sind noch ein paar Bauarbeiten fällig. Melissa hat für die Hungrigsten etwas vorgesorgt, dazu hilft ja noch meine AHV ( Die Mauer gegen den Hunger wächst). Geschirr und Besteck gibt es halt noch keines, im Container kommen jede Menge davon. Im Moment isst man halt mit den Fingern, die sind ja dank des Wassers gewaschen.
Ich frage den Ältesten, er sei 16, ob er zuhause etwas gegessen habe. „Natürlich“, antwortet der junge Mann höflich, Melissa klärt mich auf. Niemals hätte der Schüler daheim etwas bekommen, denn seine Familie zähle zu den ärmsten überhaupt, die hätten nicht einmal Gourdes für ein Stück Brot. Meine Frage sei töricht, denn jedes Kind lerne schon als Kleines, man dürfe nie zugeben, wenn man hungere, das sei beschämend. „Falscher Stolz“ grassiert scheinbar nicht nur in Schlaraffenlanden …
Auch die neuen Schulmöbel sind noch nicht da, die selbst gezimmerten Banke gab es schon früher. Die Lehrmittel sind selbst „gestrickt“, eine Toilette ist im Obergeschoss noch nicht vorhanden, das Wasser ist noch nicht trinkbar, es mangelt an vielem. Aber das ist man sich hier ja gewohnt.
Ein Telefonanruf der Dame, die freundlicherweise für die Verzollung bezw. Zollfreiheit sorgt. Am Dienstag werden die Mystals am Hafen erwartet, dort findet eine Vorbesprechung statt. Ungeschickt ist nur, dass niemand von uns über ein Auto verfügt. Melissa meint trocken, auch stundenlange Fusswege sei man sich ja gewohnt.
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