Gletscher in Gebirgsregionen der Tropen reagieren besonders sensibel auf die kleinsten Klimaschwankungen. Im Gegensatz etwa zu Gletschern in den Alpen, die im Winter gleichsam eine lange Ruhepause einlegen was das Abschmelzen angeht, verlieren die tropischen Gegenstücke ganzjährig in den tiefergelegenen Abschnitten Material in Form von Schmelzwasser. In den letzten 10 Jahren sind die Eismassen der Gletscher in Peru, Bolivien, Ecuador und Kolumbien um ein drittel geschmolzen, die Folgen des Klimawandels sind nicht mehr zu übersehen.
Als besonders dramatisch bezeichnen die Wissenschaftler das Abschmelzen des Chacalataya. Der Berg in der bolivianischen Cordillera Real mit zwei Gipfeln (Bergstation des ehemaligen Skilifts 5.395 Meter, Nachbargipfel 5.421 Meter über dem Meeresspiegel) hat im vergangenen Jahrzehnt 40 Prozent seiner Dicke und sogar zwei Drittel seines Volumens eingebüßt. Seine Oberfläche hat sich zwischen 1992 und 1998 um 40 Prozent verringert. Der Chacaltaya gilt als das höchstgelegene Skigebiet der Welt, der Gletscher ist seit dem Jahr 2009 völlig verschwunden, so dass kein Skibetrieb mehr stattfindet.
Peru beherbergt 71% der tropischen Gletscher, die auf der Welt existieren. In den letzten drei Jahrzehnten schmolzen 40% der Gletscheroberfläche und es wird geschätzt, dass in den 2020er Jahren die Gletscher unter 5.000 Meter nicht mehr existieren werden. Die Eisflächen in 20 Bergregionen sind auf etwa 2.000 Quadratkilometer verteilt. In weniger als 20 Jahren ist der auf 5.240 Meter Höhe gelegene Pastoruri-Gletscher um die Hälfte geschrumpft und erstreckt sich nun noch auch einer Fläche von etwas mehr als 900 Quadratmetern. Das Tauwetter hat schwarze Felsen freigelegt, die Behörden wollen das Klettern in der instabilen Formation verbieten. In den 1990er Jahren besuchten etwa 100.000 Menschen die Region, im vergangenen Jahr nur noch 34.000.
Ein ähnliches Szenario wird in Ecuador registriert, wo ein Rückgang bei einigen Gletschern zwischen 25 und 30 Meter pro Jahr Realität ist. „Wenn der aktuelle Trend der steigenden Temperatur und eine daraus resultierende geringere Niederschlagsmenge weiterhin andauert, könnte der vergletscherte Hauptgipfel des Antisana-Vulkans
(etwa 40 Kilometer südöstlich von Quito) bis zum Jahr 2070 komplett verschwunden sein“, befürchtet Luis Maisincho, Spezialist für Gletscherkunde am „Instituto Meteorológico de Ecuador“.
Französische Wissenschaftler und ihre südamerikanischen Kollegen vermuten, dass die Abschmelzung im Zusammenhang mit dem intensiveren und häufigeren Auftreten von El Nino steht, der Wetteranomalie im Pazifik vor der Küste Südamerikas. So zeigen die Massenbilanzrechnungen, dass in den Monaten während oder unmittelbar nach El Nino der stärkste Verlust an Wasser in den Gletschern zu verbuchen war.
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