Wahre Freunde: Von der hohen Kunst der Freundschaft

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Datum: 14. April 2010
Uhrzeit: 06:12 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Ich sage doch immer, man müsse von allem die Vorteile suchen, statt immer nur meckern. EIN Vorteil des Erdbebens ist, dass sich Freunde wieder finden. Ich habe gar nicht gewusst, dass ich so viele habe, die wie Schneckenkönige nach der Trockenzeit wieder hervorkriechen, über die e-Mail-Adresse wieder auftauchen.

Hundert von ihnen haben mir geschrieben, aus aller Welt, solche mit denen ich noch Molche und Krebse gesucht hatte im Wiesenbächlein, als Dritt- und Viertklässler, dazu brauchten wir keine Laternen. Die zwei Diogenes’se, ein Plural, der gar nicht existiert, deshalb habe ich mir erlaubt das verrückte Wort mit Apostroph zu schreiben, es liest sich sonst wie eine Genese oder so etwas. Also diese Zwei hatte ich schon lange vermisst, die sind nun beide wieder aufgetaucht, hintereinander. Der richtige Diogenes ( ein Singular ) suchte etwa 400 v.Chr. bekanntlich am helllichten Tage mit einer brennenden Laterne in der Hand „einen Menschen“, und weshalb kann man denn sooo viele fernöstliche und südamerikanische Länder unsicher machen, wenn nicht um „einen Menschen“ zu suchen? Ewig suchen, und niemals finden, das hängt vielleicht auch mit einem Konflikt zwischen Toleranz und Ansprüchen zusammen.

Also die beiden Diogenes’se heißen Hansi und Clausi. Hansi ist Schweizer, der Europa lieber von weitem sieht, zurzeit Anwalt für die Armen in Manila. Er ist schon früher in der Schweiz für die Anliegen der Schwachen, der Verfolgten, der Minderheiten, der Farbigen, der Ausländer und besonders der Ausländerinnen eingetreten. Ich weiß nicht, ob er seine Dienstleistungen für diese Menschen ganz unentgeltlich leistete, ich habe ihn nie dazu befragt, und schließlich lebt ja auch ein Anwalt nicht von gar nichts. Aber ich habe Grund zur Annahme, dass er zu den seltenen Ausnahmen gehört, die sich zu diesem Beruf aus einem Irrglauben an Recht heraus entschieden hatten, das eben eher mit Gesetz als mit Gerechtigkeit zu tun hat.

Der andere ist Clausi aus Borneo, ein cleverer Deutscher. Der konnte alles, er hatte mir seinerzeit Haustüren aus Aluminium und Drahtglas eingebaut, nachdem die Termiten („Poud-Bois“) die hölzernen Vorgänger verpulvert hatten. Auch die Glas-Falttüren, mit denen sich drei Wände öffnen ließen und wir Salon und Terrasse zu einem einzigen „Raum“ verbinden konnten, das war besonders kompliziert. Der war eben Tausendsassa. Der Globetrotter wird morgen bestimmt schon wieder anderswo sein.

Bei näherem Hinsehen entdeckt man, dass Clausi in seinem Haus in Borneo auch ohne Aluminium-Drahtglas-Haustüren und Glas-Falttüren auskommt, und man auch in Haiti, das sich die Karibikinsel Hispaniola mit der Dominikanischen Republik teilt, ähnlich über die Runden käme, und wahrscheinlich erst noch „erdbebensicher“. Und neue Aluminium-Drahtglas-Haustüren und Glas-Falttüren wird mir Clausi wohl nie mehr montieren müssen/dürfen/können, es sei denn eine grosszügige Stiftung entdeckt mich noch als Opfer, aber die haben ja schon längst alle abgeschrieben: „Unsere Stiftung arbeitet in der Regel mit akkreditierten Hilfswerken zusammen, die eine Reihe von Qualitätsgarantien erfüllen müssen. Dabei finanziert sie keine Hilfe an Einzelpersonen sondern Projekte, die bei uns durch Fachgremien (Projektkommissionen) begutachtet und kontrolliert werden“ oder „Notre règlement nous permet pas de co-financer des projets soumis par des organisations non agrées sous certaines conditions“ oder „Le projet doit être soumis par une organisation (et non une personne) avec son siège en ..xxx „, was so etwa immer das gleiche heißt.

Eine andere Lösung wäre es, das große Los zu ziehen oder im C-a-s -i-n-o zu gewinnen, aber da ich aus Prinzip weder Lotterie noch C-a-s- i-n-o spiele, fallen solche Möglichkeiten außer Betracht. Übrigens habe ich das Wort so komisch geschrieben, damit mich Google & Co wenn möglich nicht schon wieder mit einem Backrating bestraft, weil ich ein Badword [ Böses Wort ] nicht vermieden habe. Mit dem besagten Wort ist das nämlich schon vorgekommen. Auch mit dem Wort Z-i -g-a-r-r-e-n, als ich eine Dokumentargeschichte schrieb, wie dieses von den Amerikanern und Google-Herren geächtete Produkt in Jacmel von Hand gedreht wird, oder wie in der östlichen Nachbarrepublik auf großen Plakaten mit Sex und Z-i -g-a-r-r-e-n-rauchenden Nackedeien Reklame gemacht wird. Raucherreklame ist eben bei Googles verboten, und die Maschinen können nicht zwischen dieser und der Gegenreklame unterscheiden, die verbieten kurzerhand das ganze Wort. Die Maschinen der Google-Herren entscheiden eben sowohl über Moral als über Rechtschreibung, und bald über alles.

Clausi hat nach der Schreckensmeldung im Januar nicht daran gedacht, sich zu melden. Er hat mein Haus sofort auf Google-Earth gesucht und gesehen, dass nur noch Trümmer da lagen. Er sah, dass mein Haus unmittelbar am Epicenter gelegen hatte, und in seinen Augen war nicht nur die Telekommunikation, sondern auch ich selbst einmal mehr gestorben. Dass ich des Öfteren geboren und sogar gestorben bin, wissen Sie ja seit langem. Tot erklärt zum Beispiel, wenn das obligate „Lebensbestätigungs-Formular“ vom Post-Schlendrian nicht weiterging, was durchaus normal ist. Man merkt das spätestens dann, wenn kein Geld mehr kommt, und die folgenden Bürokratismen dauern Monate. Dann werde sogar ich zum Bürokrat.

Ich darf Clausi zitieren: „Dir selbst gab ich, offen gestanden, wenig Überlebenschancen…. Ich sah die halb-runde Betonkuppel über Deinem Schlafzimmer im ersten Stock zusammenbrechen, bei diesen heftigen Stößen, und von der schönen schwarz-weißen Terrasse, und von den Glas- Schiebetüren, die ich einbaute und die so lange brauchten, bis sie überhaupt in der Karibik waren, ganz zu schweigen. Lieber Otti, der liebe Gott gab Dir ein schönes Leben, aber nahm Dir jetzt das Haus … er wird seine „Gründe“ haben?! Trotz allem, ich hoffe sehr, es geht Dir einigermaßen gut!?!, aber bestimmt besser als den Haitianern in ihren Zelten…“

Fragen über Fragen, die mich wirklich interessieren; denn so viel „Glück“, ein Haus direkt im Epizentrum zu besitzen, haben nicht viele…….und auch noch zu überleben! Und da wären wir schon wieder bei der Seins-Frage, die mich ja schon seit vielen Jahren begleitet, hier in Asien.“

Da bleibt eigentlich nichts anzufügen. Die beiden Globetrotter und Diogenes’se sind „eingetroffen“. Die Sammlung meiner Freunde ist damit „komplett“, ich mag mich an keine weiteren erinnern, die mich vergessen haben.

Und wenn jemand sogar Lust hat, mir etwas zu helfen, hier die Adresse:
CH07 0840 1016 8028 6350 6 Otto Hegnauer MigrosBank

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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