Rassismus in Brasilien: Quotenregelung an der Elite-Universität von São Paulo

Datum: 27. Juni 2015
Uhrzeit: 19:26 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
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Die Bevölkerungsmehrheit ­Brasiliens hat afrikanische oder indigene Wurzeln. Hartnäckig hält sich im Ausland die Mär, dass das grösste Land Lateinamerikas ein gutes Beispiel für eine multikulturell funktionierende Demokratie ist. Nach wie vor sind Dunkelhäutige allerdings vielen Benachteiligungen ausgesetzt, staatliche Anti-Rassismus-Kampagnen lassen zu wünschen übrig. In der Vergangenheit hat die katholische Kirche mehrfach regelmäßige rassistische Vorurteile und Benachteiligungen beklagt und sprach von einem Fortbestehen der Sklavenhaltermentalität. Im südamerikanischen Land gelten rassistische Beleidigungen laut einem Gesetz aus dem Jahr 1989 als Straftat, werden allerdings nur selten geahndet. Brasilien ist ein grausames Land, voller Heuchelei und Maskeraden. Es gibt eine sehr subtile, fast ideologische Abstufung, die fast immer verhindert, dass jemand mit dunklerer Hautfarbe gesellschaftlich aufsteigen kann. Wer in den Haushalten der Oberschicht eine hellhäutige Putzfrau sucht, wird es schwer haben.

In der Region Lateinamerika dominiert Brasilien das „QS World University Ranking“ und hat 17 Universitäten in den Top-50. Die mathematische Statistik ist eine seit dem Jahr 2004 jährlich erscheinende Rangliste der 700 Top-Universitäten der Welt und ist das bekannteste und am meisten respektierte Ranking seiner Art. Platz eins innerhalb der Region nimmt die „Universidad de São Paulo“ (USP) ein, das Motto der Universität lautet: „Scientia Vinces“ („durch die Wissenschaft wirst du siegen“). Die USP hat eine große Bedeutung im öffentlichen und intellektuellen Leben Brasiliens. Beispielsweise hat mehr als jeder zehnte brasilianische Präsident eine Ausbildung an der USP hinter sich gebracht, die Hochschuleinrichtung gilt als 113. produktivste Universität weltweit.

In Brasilien gibt es offiziell eine Quotenregelung, die 50 Prozent der staatlichen Universitätsplätze für Studenten vorbehält, die ihre schulische Laufbahn an staatlichen Grund- und Mittelschulen absolviert haben. Ebenso eine Kombination aus Quoten sowohl für ethnische und soziale Herkunft/Hautfarbe (Schwarze und Indigene). Die zurückgehaltenen Studienplätze sollen, übereinstimmend mit dem Quotienten von Afro-Brasilianern, Indigenen und Mischlingen im jeweiligen Bundesstaat, in dem die betreffende Hochschule liegt, besetzt werden.

Die Elite-Universität von São Paulo gab nun bekannt, im nächsten Jahr nur zwei Prozent ihrer Sitze für Schwarze und Indigene zu reservieren – ein Prozentsatz, der von mehreren Gruppen von Aktivisten als absolut unzureichend angesehen wird. In jedem Fall ist die Quotenregelung nicht ausreichend, in wichtigen Studienfächern wie Medizin, Wirtschaft oder Polytechnic greift die Regelung nicht. Es werden Kontingente für 13 der 151 Studiengänge angeboten, insgesamt 225 Plätze für 11.000 Studierende.

Die afrobrasilianische Organisation „União de Núcleos de Educação Popular para Negras/os e Classe Trabalhadora“ (UNEafro Brasil) kritisiert, dass die USP eine „Insel der Ausnahme bleibt, mit einem Privileg für Weiße“. Universitätspräsident Marco Antônio Zago sieht dies ganz anders und versichert, dass eine Mauer durchbrochen wurde. Die zwei Prozent bezeichnet er als einen großen Sieg für die Universität von São Paulo und fügt hinzu, dass es in den kommenden Jahren weitere Fortschritte in der gleichen Richtung geben wird.

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  1. 1
    Wolfgang Bartels

    Quotenregelung.
    Die Studienplaetze sollten von intelligenten Studenten besetzt werden. Intelligenz hat nichts mit Hautfarbe zu tun. Was Brasilien braucht sind Aerzte, Forscher, Professoren, Ingenieure usw, die selbst denken koennen und das Land weiterbringen. Klar koennen reiche Familien ihre Kinder auf die besten privaten Schulen schicken und ihnen somit einen Platz an den staatlichen Unis leichter erreichbar machen. Sind Quoten nicht auch ein rassistischer Akt ? Was ist Schwarz und was Weiss in einem Land wo fast jeder, heller oder dunkler, sonnengebraeunt ist. Es ist traurig das man ueberhaupt darueber reden muss. Weiterhin wuerde ich viele private Faculdades schliessen. Halb- Analphabeten verlassen diese mit Diplom. Darunter leidet das Land.

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