Für latina-press berichte ich exklusiv- nicht vom heimischen Wohnzimmer oder von abkopierten Zeitungsberichten, sondern direkt vor Ort- von meiner Rückkehr nach Haiti, das sich die Karibikinsel Hispaniola mit der Dominikanische Republik teilt. Ich hatte ein 3-Monats-Retourticket Santo Domingo-Paris-Zürich, zur Zeit des Erdbebens die einzige Möglichkeit, Tickets nach Haiti zu ergattern. Damit flog ich in die Dominikanische Republik zurück. Wegen dem Zeitunterschied erreicht man über Paris Santo Domingo noch am gleichen Tag.
Hier wartete bereits Melissa und holte mich ab, immer noch ohne Papiere hatte sie das Kunststück fertig gebracht. Ab jetzt war ich erleichtert, denn seit zehn Jahren an der Seite dieser zuverlässigen Frau ist alles nur halb so schlimm. Der Flughafen heißt Las Americas und liegt sehr weit von der Hauptstadt entfernt. Der Taxifahrer Dani ist ein alter Freund und führte uns in seiner modernen Karre zügig über ein- und sogar zweistöckige Autobahnen ins Universitätsviertel. Da liegt das Hotel, das zwei deutschen Freunden gehört, sodass ich sogar meine Sprache sprechen kann. Natürlich machen sie mir auch einen guten Preis.
Zur Feier des Begebnisses brachte uns Dani nach alter Gewohnheit in ein chinesisches Restaurant. Trotz meiner Zahnprobleme ist mir hier süß-saures Kalbfleisch mit Reis und Früchten genießbar, und der Preis incl. Wein und Taxi, das normalerweise draußen wartet bis wir gegessen haben, ist geringer als eine europäische Speise in einem anderen Restaurant, oder sogar in der Schweiz. Heute hatten wir Dani natürlich eingeladen. Der nächste Tag sollte dem Ausruhen und Suchen der Internet-Verbindung dienen. Es war ja das letztemal, dass wir uns in einer modernen Stadt befanden, die diesen Namen verdient, mindestens für lange Zeit. Der Uni-Campus gemahnt an Gigantismus, das erstaunt mich aber nicht, hatte ich mich doch schon bei früheren Besuchen an die überspannten Benzinschleudern und die überdimensionierte Metro in diesem Land gewöhnt. Noch galt „trinkt oh Augen, was die Wimper hält“, denn morgen würden wir nur noch Trümmer und Ruinen sehen, so schätzte ich. Nach einer Tagesfahrt würden wir im Trümmerland eintreffen, meinten wir. Wir wussten noch nicht, wie es jetzt dort aussieht. Aber ich wusste, dass vieles fehlen werde und fürs Internet einiges nötig würde, droben in der „Bergburg“. Vorerst musste aber die Bankverbindung wieder hergestellt werden, das Bankbüchlein wurde ja beim Pariser Überfall geraubt, und ob die Bank noch stehe und Geld auf dem Konto sei, wagten wir nur zu hoffen – war aber unbedingt nötig. Das Gleiche gilt für einen Provider, die Adresse ist auch noch unbekannt, aber für die Internet-Verbindung muss zuerst ein neuer Vertrag abgeschlossen und bezahlt werden. Dann müssten wir für die „Bergburg“ elektrischen Strom beschaffen, was wahrscheinlich Solarpanels und große Batterien bedingt. Ob dann Modem und Antenne noch „laufen“, ist unbekannt und muss probiert und schlechtenfalls repariert werden.
Endlich werden wir Verbindung haben, falls die großen Antennen auf Montagne Boutillier noch stehen. Natürlich tue ich das Möglichste. Aber erschrecken Sie bitte nicht, wenn einige weitere Tage Sendepause folgen, ich werde wieder auferstehen, wie bisher immer. Aber noch sind wir hier und suchen Verbindung. Nach der vierten Nacht in SanDo werden wir morgen früh zum Busbahnhof taxeln wo die Haitibusse warten, und nach dem Kauf der Tickets und diversen Formalitäten wird’s losgehen Richtung Haiti. Diesmal wird auch Ulli, der Indiendeutsche, dabei sein. Was uns – vor allem mir – dort für Überraschungen warten, darüber werde ich berichten wenn wir wieder Online sind. Sicher hat sich die Welt verändert seit dem 12.Januar, dem Tag des fürchterlichen Bebens, dem so viele Menschen und Häuser zum Opfer fielen. Auch ich habe seither Haiti nur noch im Fernsehen „genossen“. Nach diesen Bildern konnte man dort noch nicht von Neuland sprechen, die Trümmer- und Ruinenfelder schienen sich nicht verändert zu haben. Aber das wird auch noch kommen, es MUSS! Für „Neuland“ mussten wir uns vorerst mit der DomRep begnügen, aber wir haben noch nicht einmal Verbindung.
Photo copyright©by Otto Hegnauer/latina press
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