Die Vermittlungsbemühungen von Brasiliens Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva im Atomstreit mit dem Iran haben scheinbar Erfolg. Wie der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ankündigte, würden am Montag „gute Nachrichten“ verkündet werden. Auch das Aussenministerium in Brasília bestätigte dies indirekt. Die brasilianische Regierung habe „grosse Hoffnung“ in Bezug auf die Wiederaufnahme der festgefahrenen Gespräche. Details über die mögliche Übereinkunft wurden jedoch von keiner Seite genannt.
Das brasilianische Staatsoberhaupt ist faktisch die letzte Hoffnung des Westens, den Streit mit der Führung in Teheran doch noch beizulegen. Bislang hatte sich der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad wenig kompromissbereit gezeigt, der UN-Sicherheitsrat droht mittlerweile mit massiven Sanktionen. Brasilien hatte sich nun in letzter Minute als nicht-ständiges Mitglied im Sicherheitsrat als Vermittler angeboten. Unterstützt wurde Lula, der am Sonntag auch mit dem geistlichen Oberhaupt Irans Ayatollah Sayyid Ali Khamenei zusammentraf, vom türkischen Ministerpräsident Erdogan.
Die internationale Gemeinschaft verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms Massenvernichtungswaffen zu entwickeln. Dafür wird stark angereichertes Uran benötigt, welches Teheran jedoch nicht im Ausland anreichern lassen will. Stattdessen wurde dafür eine eigene Anlage zur Anreicherung von iranischem Uran entwickelt. Die radioaktiven Stoffe werden laut Aussage der Teheraner Führung jedoch lediglich für einen medizinischen Forschungsreaktor und keinesfalls für den Bau von Nuklearwaffen verwendet.
Erdogan hatte die nun aller Voraussicht nach erfolgreichen Gespräche im Vorfeld nicht begleiten wollen und seine Reise faktisch abgesagt. Er war dann doch noch überraschend nach Teheran gereist, nachdem sich der iranische Atom-Chefunterhändler Said Dschalili gegenüber dem türkischen Aussenminister Ahmet Davutoglu positiv über eine Anreicherung im Ausland – respektive in der Türkei – ausgesprochen hatte.
Lula und Ahmadinedschad hatten nach ihrem Treffen zunächst die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder hervorgehoben. Vor allem der bilaterale Handel soll zukünftig auf ein Volumen von 10 Milliarden Dollar ausgebaut werden. Lula betonte zudem, Entwicklungsländer müssten stärker zusammenarbeiten was der iranische Präsident nur bestätigen konnte. Seiner Meinung nach sei die Zeit der Hegemonialmächte vorbei, Übereinkünfte von wichtigen internationalen Themen sei ohne Länder wie Brasilien oder den Iran in der Zukunft nicht mehr möglich.
Sollte Brasilien durch seine Bemühungen tatsächlich in letzter Minute eine Eskalation im Atom-Streit verhindert haben, so dürfte dies den Einfluss des grössten südamerikanischen Landes in der internationalen Gemeinschaft weiter stärken. Schon jetzt ist die Führung in Brasília wichtiger Gesprächspartner sämtlicher Industrienationen und als regionale Wirtschaftsmacht bedeutender Handelspartner der USA, der EU sowie vieler Schwellen- und Entwicklungsländer. Die zehntgrösste Volkswirtschaft des Planeten fordert daher bereits seit geraumer Zeit mehr Mitspracherecht bei internationalen Entscheidungen, in diesem Zusammenhang strebt Brasilien auch einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat an.