Ich erinnere mich ungern an einen miesen Zeitvertreib, als während meiner Kinderzeit gewisse Schulfreunde gemeine Spiele mit Fröschen trieben. Die Tierchen scheinen so schlecht zu sehen und nur auf Bewegungen zu reagieren, dass sie nach Zigarettenstummeln schnappten, die man an eine Schnur knüpfte und diese am andern Ende an eine Rute band. Bevor sie ihre scheinbare Beute wieder losließen, schwang man die Rute mit dem geangelten Frosch aufs Land. Weniger tierquälerisch war ein anderer Kinderspass.
In der Nähe von Froschpopulationen wurde ein Sägeblatt solange in klingende Schwingungen versetzt, bis die Froschgemeinde reagierte und zu quaken begann. Ich brauche zuhause kein Sägeblatt, denn allabendlich quaken „meine“ Frösche von selbst um die Wette; die Küstenebene ist voll davon. Hie und da begegnet mir im Garten auch ein zierliches Laubfröschchen, eines hat es bis auf mein Türmchen gebracht. Wohl durch einen kühnen Sprung aus dem Astwerk eines benachbarten Baums. „Seitensprung“ nennt man so was, aber gekonnt.
Ich habe gelesen, in Haiti lebe – vielleicht immer noch – ein Riesenfrosch, der trotz seiner 14 Zentimetern Länge zu den sonst zierlichen Laubfröschen gehöre. Etwa im «Massif de la Hotte», den «Montagnes Noires», im «Massif de la Selle» und im «Massif du Nord», ebenso in den Nationalparks der Dominikanischen Republik. Er bevorzugt feuchte Galeriewälder entlang von Bächen und Flüssen in Höhen von etwa 1700 Metern.
Dort jagt er Heuschrecken, Spinnen, Raupen, Frösche, Echsen und was sich sonst noch bewegt. Tagsüber schläft er an einen Ast oder an ein Blatt geheftet und ist dann kaum zu entdecken. Unüberhörbar ist jedoch das fünf tonige Quaken der Männchen, mit dem sie versuchen, ihre Weibchen anzulocken. Diese kleben ihre 2-3 mm kleinen Eier im fließenden Wasser sorgfältig an ein geeignetes Felsstück. Nach einer Woche schlüpfen aus den Eiern winzige Kaulquappen, die sich sofort an einem Felsstück gegen die Strömung festsaugen. Während einiger Wochen, bis zur Metamorphose, leben sie von Algen. In wenigen Tagen verwandeln sie sich nun zu Froschbabys, verlassen das Wasser, erklettern einen Baum und führen fortan ihr Erwachsenenleben als Kleintierjäger.
Durch Ausdehnung der landwirtschaftlichen Anbaufläche, Holzkohleproduktion, Überweidung sowie Gewinnung von Brenn- und Bauholz sieht die Zukunft des Haiti-Riesenfroschs düster aus. Das Land ist in den letzten zweihundert Jahren weitgehend entwaldet worden, so dass dem großen Laubfrosch nur noch sehr wenig Lebensraum zur Verfügung steht. Vermutlich wird schon in wenigen Jahren überhaupt kein naturnaher Wald mehr übrig bleiben, und demzufolge auch kein Haiti-Riesenfrosch.
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