Das ursprüngliche Dach der Bergburg ist am 12.Januar bekanntlich samt dem ganzen Stockwerk wenig über meinem Kopf zusammengestürzt, ich hatte wahnsinniges, unglaubliches Glück im Unglück, und überlebte unverletzt. Auf dem neu entstandenen, tieferliegenden Dach zeltet, wie Sie wissen, der indische „Konsul“.
Doch den Dächern der wenigen Nachbarhäuser ging es ähnlich, so entwickeln sich ganz neue „Kommunikationsebenen“, mit und ohne Internet, man trifft sich auf dem Dach. Ulli verfügt über eine beneidenswerte Sozialkompetenz und kennt die Nachbarn schon besser als ich. Einer macht Körperübungen mit schweren, selber gebauten „Foltermaschinen“, eher ungewohnt für einen Geistlichen, ungewohnt auch das spärliche Tenue. Denn der würdevolle Herr ist Pfarrer. Jimmy und Ulli sprechen gut englisch, die neue Sprache in unserem Haus.
Pfarrer in Haiti scheinen modern zu sein, Jimmy versteht sogar etwas vom Internet. Nachdem die beiden in Englisch über LAN-Verbindungen, IP-Konfigurationen und Standardgateways diskutiert haben, bittet der Herr Pfarrer ihm meinen Computer in die Ferien zu geben. Der zweite Tag, ein Tag ohne Computer, ist kaum zum Aushalten, ich ärgere mich, dass ich wohl süchtig bin nach dem Ding, und nach dem Tippen meiner Geschichten, die ich nicht mehr per Fülli aufschreiben kann. Aber es bestätigt sich, was ich schon mehrmals staunend festgestellt habe: in Haiti geschehen noch Wunder!
Das eine Wunder ist, dass Jimmy am zweiten Abend den kurierten Laptop bringt, das noch viel größere, zweite Wunder aber ist dass er funktioniert. Der Zugang ins Internet läuft, sofort habe ich meine bereits geschriebenen Geschichten ins Netz gestellt, die Sie bestimmt bereits verschlungen haben, und gestaunt, dass der kluge Pfarrherr den Himmel wirklich kennt, auch auf der technischen Seite. Er hat mir die Pforte geöffnet, und jetzt können Stories und e-Mails den Himmel durchqueren und jenseits in Europa wieder lebend verlassen!
Aber auch samt totaler Himmelskenntnis würde das Internet nicht funzen ohne Strom. Und Strom, das ging fast unter, hatten wir seit einer Woche, also seit wir in Haiti sind, noch nie. Mystal und Ulli arbeiten fieberhaft an ( Strom- ) Verbindungen, die endlich klappen. Als Stromquelle haben wir einen Délco beschafft, so sagt man hier einem Stromgenerator, der natürlich einen fürchterlichen Krach macht und die Umwelt verschmutzt. Aber beides ist ja modern, fürchterlicher Krach und Umweltverschmutzung. Für Solarpanels und Batterien hat es noch nicht gereicht, „Mein Kampf“ geht weiter.
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