Mehr als 350 Menschen sind in den vergangenen drei Monaten in Nicaragua im Konflikt zwischen regierungsnahen Paramilitärs und Polizei auf der einen Seite und Regierungskritikern auf der anderen Seite getötet worden. Zudem gab es mehr als 2000 Verletzte, Hunderte Menschen wurden inhaftiert oder sind verschwunden. Auslöser waren Massenproteste gegen die Regierung und deren Dekret zum Sozialversicherungssystem. MISEREOR unterstützt zahlreiche Projekte und Organisationen im Land, die von andauernder Gewalt und Menschenrechtsverletzungen berichten.
„Die Situation ist beängstigend. Täglich erreichen uns von unseren Partnerorganisationen Nachrichten von gewaltsamen Überfällen auf Universitäten, Kirchen und kirchlichen Einrichtungen mit Toten und Verletzten. Die Angst, gekidnappt, verletzt oder getötet zu werden ist allgegenwärtig. Gemeinden können sich nicht mehr versammeln, die Gewalt ist ständig präsent. Dies hat mit einer Niederschlagung von Protesten nichts mehr zu tun, sondern es ist ein Kampf gegen die eigene Bevölkerung mit illegitimen Verhaftungen, Folter und Ermordungen – ein Kampf, der sich längst in einen Ausnahmenzustand verwandelt hat“, erklärt Betina Beate, Lateinamerika-Abteilungsleiterin bei MISEREOR. Abgesehen von den Dialogbemühungen der katholischen Bischofskonferenz in Nicaragua gäbe es keine ernsthaften Anstrengungen, den Konflikt zu lösen, so Betina Beate. Der internationale Druck auf die nicaraguanische Regierung müsse deshalb massiv erhöht werden, den Dialog unter Leitung der katholischen Kirche ernsthaft zu führen, die Gewalt sofort zu beenden und zu einer friedlichen und demokratischen Lösung des Konflikts zu kommen.
Die Hoffnungen liegen auf der katholischen Kirche
Die katholische Kirche vermittelt im Rahmen eines „Nationalen Dialogs“ zwischen der Regierung und den Demonstranten. Der Dialog wurde allerdings schon mehrfach unterbrochen und über den Vorschlag der Bischöfe, die innenpolitische Krise mit vorgezogenen Neuwahlen zu lösen, ist noch nicht entschieden. „Wir hoffen, dass die Bischofskonferenz gemeinsam mit der zivilgesellschaftlichen Allianz aus entwicklungspolitischen und Menschenrechtsorganisationen die Regierung Ortega dazu bewegen kann, den Weg zu einer Demokratie wiederzufinden, die Gewalt nicht weiter eskalieren zu lassen und Presse- und Meinungsfreiheit wieder zu etablieren“, so Betina Beate. „Andernfalls sei ein Bürgerkrieg nicht mehr weit entfernt.“
Der heutige 19. Juli ist der 39. Jahrestag des Erfolgs der Sandinistischen Revolution über Diktator Anastasio Somoza. Am 19. Juli 1979 konnten die sandinistischen Revolutionäre Managua einnehmen. Der Diktator floh in die USA, die Menschen hofften auf ein neues, besseres Nicaragua. 39 Jahre später richtet sich nun die neue, breite und unbewaffnete Protestbewegung gegen die Revolutionäre von damals.
Leider kein Kommentar vorhanden!