In Kolumbien konnte bei den am Sonntag durchgeführten Präsidentschaftswahlen kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen. Nach Auszählung von rund 99 Prozent der Stimmen hat der ehemalige Verteidigungsminister Juan Manuel Santos jedoch mit 46,6 Prozent den ersten Wahlgang eindeutig für sich entschieden. Sein Hauptkonkurrent Antanas Mockus, ehemaliger Bürgermeister von Bogotá und Kandidat der Grünen, kam nur auf 21,5 Prozent. Prognosen hatten zuvor ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Politikern vorausgesagt.
Die rund 30 Millionen Wahlberechtigten werden damit erneut am 20. Juni für die Stichwahl an die Urnen gerufen. Nach Angaben der Wahlkommission war die Wahlbeteiligung am Sonntag mit rund 50 Prozent überraschend hoch. An den Parlamentswahlen im März hatten sich nur rund 35 Prozent beteiligt. Insgesamt neun Kandidaten bewarben sich für das höchste Staatsamt, Amtsinhaber Alvaro Uribe durfte nicht erneut kandidieren. Er ist bereits seit 2002 im Amt und wurde 2006 wiedergewählt. Laut der Verfassung des südamerikanischen Landes darf er kein drittes Mal in Folge kandidieren, bis zuletzt hatte er jedoch versucht, ein Referendum für eine Verfassungsänderung durchzusetzen. Dieses wurde jedoch im Februar 2010 endgültig vom obersten Gerichtshof des Landes für gesetzeswidrig erklärt.
Der konservative Uribe ist bei der Bevölkerung äusserst beliebt. Als sein grösster Verdienst dürfte die stetige Bekämpfung der linksradikalen „Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“ (FARC) gelten. Davon profitierte nun vermutlich auch Santos als Ex-Verteidigungsminister, der faktisch das Erbe Uribes antritt und im Wahlkampf versprochen hatte, die Politik seines Vorgängers fortzusetzen.
Der Urnengang verlief den Behörden des Landes zufolge relativ ruhig. Störungen der öffentlichen Ordnung sind laut Innenminister Fabio Valencia Cossio im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2002 um 86 Prozent zurückgegangen, gegenüber der Wahl 2006 um die Hälfte. Aus einigen der rund 10.000 Wahllokale des Landes wurden jedoch vereinzelt Stimmenkäufe gemeldet, auch seien an zahlreichen Stellen Wähler unter Druck gesetzt worden. Die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAE) kritisierten zudem den Einsatz des vom Verteidigungsministerium betriebenen Computersystems zur Übermittlung der Ergebnisse. Diese habe sich bereits bei den Parlamentswahlen im März als äusserst störanfällig erwiesen.
Zu gewaltsamen Zwischenfällen kam es seit dem frühen Morgen in der Provinz Cauca, nachdem dort bereits in der Nacht zum Samstag eine Autobombe zwei Kinder im Alter von 9 und 14 Jahren in den Tod riss. Bei Zusammenstössen zwischen FARC-Rebellen und Militäreinheiten wurden dabei auf beiden Seiten jeweils mindestens eine Person getötet. Auch mussten die Sicherheitskräfte mehrere Autobomben entschärfen. An vielen Strassen errichteten stark bewaffnete Einheiten des Militärs Strassensperren. Die FARC hatte im Vorfeld zu einem Wahlboykott aufgerufen, da alle Kandidaten „nur mehr Krieg“ wollten. Rund 350.000 Polizeibeamte und Soldaten waren landesweit im Einsatz.