Brasilien nach der Präsidentschaftswahl: Zukünftige Außenpolitik der Kandidaten

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Die viert größte Demokratie der Welt wählt am Sonntag ihren nächsten Präsidenten (Foto: Prefeitura Municipal de Bombinhas)
Datum: 26. Oktober 2018
Uhrzeit: 15:14 Uhr
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Im südamerikanischen Land Brasilien findet am Sonntag (28. Oktober) die Stichwahl um das Präsidentschaftsamt zwischen Jair Bolsonaro (PSL) und Fernando Haddad (PT) statt. In der ersten Wahlrunde entfielen auf Bolsonaro 46,7 Prozent der gültigen Stimmen, Haddad kam auf 28,37 Prozent. Zwei Tage vor dem Urnengang hat sich die Distanz zwischen den beiden Kandidaten laut einer am Donnerstagabend (25.) Ortszeit veröffentlichten Umfrage vom angesehenen Meinungsforschungsinstitut „Datafolha“ verringert. Jair Messias Bolsonaro erhält demnach 56 Prozent der Stimmen, Fernando Haddad 44 Prozent. Bolsonaro und Haddad präsentieren unterschiedliche Wege für die zukünftige Außenpolitik des größten Landes in Lateinamerika.

Der Ex-Militär hat engere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten angekündigt und lobte die Politik der Regierung von Donald Trump. Im regionalen Bereich verteidigt er die „politische Entfernung Brasiliens“ von Ländern wie Venezuela und Kuba. Haddad seinerseits befürwortet die Vertiefung der Integration in Lateinamerika durch den Mercosur, die Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) und die Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC). Sein Regierungsplan sieht auch die Stärkung der brasilianischen Beteiligung an multilateralen Mechanismen wie den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) vor.

Jair Bolsonaro

In dem Regierungsvorschlag des Kandidaten an den Obersten Wahlgerichtshof (TSE) spricht Bolsonaro von einem „neuen Itamaraty“ (Ministerium für auswärtige Angelegenheiten). Dem Text zufolge muss das Außenministerium den Werten dienen, die immer mit dem brasilianischen Volk in Verbindung gebracht wurden. Die andere Front, so das Programm, wird darin bestehen den Außenhandel mit Ländern zu fördern, die Brasilien einen wirtschaftlichen und technologischen Wert/Vorteil hinzufügen können.

„Wir werden aufhören, mörderische Diktaturen zu loben die wichtige Demokratien wie die USA, Israel oder Italien verachten. Wir werden keine falschen Handelsabkommen mehr machen oder das Vermögen des brasilianischen Volkes internationalen Diktatoren zur Verfügung stellen“, heißt es in dem Dokument.

Auf Vergleiche zwischen ihm und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten antwortete Bolsonaro in einer Pressekonferenz: „Es geht darum, ein großes Brasilien zu wollen, genau wie er ein großes Amerika will. Er [Trump] senkte die Steuerlast des verarbeitenden Gewerbes, wurde kritisiert und hat gerade dadurch Arbeitsplätze geschaffen und neue Unternehmen von außen angezogen. England hat das vor 20 Jahren getan. Ich bewundere ihn dafür wirklich [Trump] oder wollt Ihr etwa, dass ich Nicolás Maduro oder das kubanische Regime bewundere?“, so Bolsonaro zu Journalisten.

Auf regionaler Ebene sieht sein Plan eine Vertiefung der Integration „mit allen lateinamerikanischen Brüdern vor, die frei von Diktaturen sind“. „Wir müssen unsere Partnerschaften neu ausrichten“. Über den Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) sprach sich Bolsonaro dafür aus, dass das Abkommen nicht „hochgezogen“ werden könne. „Was wir nicht tun können, ist, weiterhin solche Vereinbarungen zu fördern, die auf ideologischen Interessen basieren, wie es die PT getan hat. Wir werden versuchen Vereinbarungen ohne ideologische Ausrichtung mit den Ländern Südamerikas zu treffen“.

Fernando Haddad

In seinem TSE-Regierungsprogramm verweist Haddad auf die „Wiederaufnahme einer proaktiven Haltung auf internationaler Ebene“ mit der Stärkung von Initiativen wie dem Brics und dem Dialogforum Indien, Brasilien und Südafrika (Ibas). „Dies ist wichtig, um eine ausgewogenere und weniger abhängige Welt mit einem einzigen Pol der Macht zu schaffen und die US-Hegemonie zu überwinden“, heißt es in dem Dokument.

Er tritt auch für eine Vertiefung der Beziehungen zwischen „Freundschaft und Partnerschaft“ mit afrikanischen und arabischen Ländern ein. Seine Regierung werde sich demnach dafür einsetzen, die Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen für eine multipolarere Welt voranzutreiben.

„Die Veränderungen im internationalen Szenario, insbesondere in den USA unter der Trump-Regierung, weisen auf einen Mangel an multilateralen Organisationen hin. Dies birgt große Risiken wie die Verschärfung unilateraler multilateraler Konflikte und Aktionen, schafft aber auch Öffnungen für eine multipolarere Welt, die weniger dem hegemonialen Einfluss eines Machtstreits unterliegt“, so der Plan des Kandidaten der linken Arbeiterpartei.

Dem Vorschlag zufolge muss Brasilien die Außenpolitik der lateinamerikanischen Integration und der Süd-Süd-Kooperation wieder aufnehmen und vertiefen, um den Multilateralismus zu unterstützen, nach Lösungen im Dialog zu suchen und „die Intervention und die Lösungen der Gewalt abzulehnen“. „Brasilien wird auch eine aktive Präsenz im internationalen Menschenrechtssystem haben“, so die Erklärung.

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