Inflation in Venezuela: Bitcoin als Ausweg?

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Die Wirtschaftskrise in Venezuela lähmt das Land immer stärker (Foto: Dietmar Lang / IAP Photo)
Datum: 19. Juni 2019
Uhrzeit: 19:16 Uhr
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Autor: Redaktion
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Das Leid der Menschen, die in Venezuela leben, wird aufgrund der wirtschaftlichen wie auch politischen Krisen immer größer. Für das vergangene Jahr hat der IWF eine Inflation von 1,37 Millionen Prozent errechnet – für 2019 wird eine Inflation von rund 10 Millionen Prozent erwartet. Für viele Venezolaner geht es bereits um das pure Überleben, weil es immer schwieriger wird, die Nahrungsmittel auch mit dem Bolívar, der venezolanischen Landeswährung, zu bezahlen. Zudem ist bereits in einigen Landesteilen auch die medizinische Versorgung eingebrochen.

Viele Venezolaner befassen sich daher mit dem Bitcoin, der als Alternative zu der Staatswährung gesehen wird. Denn auch wenn von Seiten der Politik mit dem Petro eine eigene Kryptowährung ins Leben gerufen wurde, mit dem die Wirtschaft hätte gerettet werden sollen, so haben hier die Verantwortlich so ziemlich alles falsch gemacht.

Wirft man einen Blick auf den Kryptomarkt, so befindet sich der Petro, sofern man sich rein auf die Marktkapitalisierung konzentriert, auf Platz 4.549. Der Petro liegt bei 0,017 US Dollar (Stand: Mitte Juni 2019).

Venezuela hat den Anti-Bitcoin erschaffen

Möchte man in den Kryptomarkt investieren, so beispielsweise in den Bitcoin, so benötigt man ein Wallet, also ein digitales Portemonnaie, in dem dann die erworbenen Coins aufbewahrt werden können.

Der Bitcoin ist, so der Erfinder Satoshi Nakamoto in seinem White Paper, ein dezentrales Peer to Peer-Geldsystem. Das heißt, es gibt keine Kontrolle durch Regierungen und/oder Banken. Die Blockchain-Technologie, die sich hinter der Kryptowährung befindet, regelt die Herausgabe. Das Prinzip des Bitcoin ist also leicht verständlich – somit ist es also kaum nachvollziehbar, warum in Venezuela eine Kryptowährung geschaffen wurde, die eine Art Anti-Bitcoin ist, weil hier alle Grundsätze auf den Kopf gestellt wurden.

Was zu Beginn noch als Rettungsplan für die angeschlagene Wirtschaft verkauft wurde, hat sich am Ende zu einem Werkzeug des totalitären Regimes entwickelt. Denn als klar wurde, dass man mit dem Petro, der Kryptowährung Venezuelas, nicht den gewünschten Erfolg feiern könnte, wurde den Einwohnern die virtuelle Währung aufgezwungen. So wurden bereits die Rentenboni in Petro umgewandelt – ohne im Vorfeld die Betroffenen zu fragen, ob sie mit diesem Vorgang überhaupt einverstanden sind. Mit dem Bonus, der den Rentner ausbezahlt wird, will man versuchen, die steigende Inflation abzufangen.

Wird sich der Bitcoin überhaupt durchsetzen können?

Könnte der Bitcoin tatsächlich eine Hilfe für das Land sein? Selbst Krypto-Befürworter haben Zweifel. So hat José Rafael Peña Gholam, der Chefredakteur von „CriptoNoticias“, ein relativ ernüchterndes Bild über die aktuelle Situation gezeichnet: Am 28. Februar schrieb er, dass Kryptowährungen zwar nicht mehr ein „Underground“-Thema sind, jedoch würde es noch genügend Hindernisse für eine große Akzeptanz wie Verbreitung geben. Zudem würden viele Menschen die virtuellen Währungen noch immer als Betrug sehen oder hätten mitunter gar nicht erst die technischen Möglichkeiten, auf den Bitcoin oder andere Kryptowährungen zuzugreifen. Zudem sei der Autor auch der Meinung, dass selbst Menschen, die sich für Kryptowährungen interessieren würden, kaum eine Möglichkeit hätten, diese zu minen – in Venezuela hätte außerdem nur ein Bruchteil der Bevölkerung die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzen zu können.

Ein weiteres Problem sei auch die starke Regulierung – die Importzölle auf Hardware würden das Mining unrentabel machen. Des Weiteren seien es auch die zahlreichen bürokratischen Hürden, die für die Venezolaner kaum noch zu überwältigen sind. Und der Großteil der Bevölkerung würde den Bitcoin auch nicht verstehen, weil man sich auch nie mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Das ist auch der Grund, warum das Interesse am US Dollar so stark wie noch nie ist – man hat nämlich nicht den Bitcoin als Alternative im Blickwinkel, sondern die amerikanische Landeswährung.

„Die Lage wird von vielen externen Beobachtern falsch eingeschätzt“, so José Rafael Peña Gholam. „Es gibt viele ausländische Krypto-Enthusiasten, die unser Land nicht verstehen. Man darf also nicht versuchen, die Krise, die aktuell in Venezuela herrscht, in die Krypto-Lieblingserzählung einzubauen.“

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