Internationaler Tag der indigenen Völker: Mittelamerikas kultureller Reichtum

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Die Länder Mittelamerikas sind ein wahres Mosaik von Völkern und Traditionen und verfügen über eine unglaubliche biologische Vielfalt (Foto: CATA)
Datum: 14. Juli 2022
Uhrzeit: 15:12 Uhr
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Autor: Redaktion
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Am 9. August werden jährlich indigene Völker und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Menschheit gefeiert. In Mittelamerika und der Dominikanischen Republik leben heute noch mehr als sechzig indigene Völker. Sie machen ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Region aus. Ihre Traditionen und Brauchtum, ihre Sprache und Kulinarik prägen bis heute die kulturelle Identität der Region. Auf einer Rundreise lassen sich einige dieser Gemeinschaften kennenlernen und ihre Ursprünge und Traditionen entdecken.

Dominikanischen Republik – das Taíno-Volk

Die Ureinwohner der Dominikanischen Republik waren die Taíno-Arawak-Indianer, ein Volk, das im Ruf steht, mutig und geschickt zu sein. Sie hatten sich auf der Seite der Insel Hispaniola angesiedelt, auf der heute die Dominikanische Republik liegt, lange bevor Christoph Kolumbus und die Spanier dort eintrafen. Sie lebten in verschiedenen Stämmen, die jeweils einem Häuptling, Kazike genannt, unterstanden. Die Taíno waren geschickte Ackerbauern, aber auch ihr Kunsthandwerk war hoch entwickelt. Sie verwendeten Pflanzen als Medizin und kannten auch andere Naturheilmittel. Was heute noch von ihrer Kultur zu sehen ist, sind Malereien und Felsritzungen in Höhlen, vor allem in Samaná, Bayahibe, San Cristóbal und Enriquillo. In zahlreichen Museen des Landes, allen voran im Museo del Hombre Dominicano in Santo Domingo und im Museo Arqueológico Regional Altos de Chavón in La Romana sind Gegenstände aus der Zeit der Taíno ausgestellt.

Die große Maya-Kultur Guatemalas

Ein Besuch in Guatemala ist eine Reise in die Vergangenheit und beeindruckt die Besucher immer wieder aufs Neue. Dort leben die meisten indigenen Völker Zentralamerikas, die auch noch eine große Anzahl der Bevölkerung ausmachen. Die alte Zivilisation der Maya bewohnte den amerikanischen Kontinent bereits vor etwa 5.000 Jahren und siedelte neben Guatemala auch in Honduras, El Salvador und Belize sowie in Mexiko. Guatemala gilt jedoch als das “Herz” der Maya-Welt. Die hiesigen Traditionen sind eng mit den Vorfahren der Maya verbunden. Neben der exotischen Küche ist das lokale Kunsthandwerk ein wichtiger lebendiger Bestandteil der guatemaltekischen Kultur und Tradition. Das Weben ist eine uralte Praxis, die seit Jahrhunderten ununterbrochen überlebt hat. Im Hochland Guatemalas weben auch heute noch viele Frauen ihre traditionellen Trachten. Die farbenfrohen Muster sind eine lebendige Darstellung des Erbes, das von einer Generation an die andere weitergegeben wurde. Die antike Maya-Stadt ist für ihre Stufentempel bekannt und wurde von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen. Heute legen antike Ruinen, verschiedene Glaubensrichtungen, mehrere Sprachen und eine einzigartige Folklore Zeugnis des kulturellen Erbes ab.

Zu Besuch bei den Bribri in Costa Rica

In Costa Rica leben acht verschiedene autochtone Stämme mehr oder weniger zurückgezogen über das ganze Land verteilt. Das Volk der Bribrí, das wohl bekannteste und größte in Costa Rica, besiedelt vorwiegend das bewaldete Tiefland von Talamanca in der Provinz Limón. Aus ihrer Stammessprache übersetzt, beutetet ihr Name “mutig”, “kühn” oder “beherzt” – das Wesen des indigenen Volkes, das die Zeit überdauert und seinen Glauben, seine Traditionen und Kultur bewahrt hat. Die Bribri leben heute wie einst von der Landwirtschaft und dem Anbau und Verkauf von Bananen, Kochbananen und Kakao, der auch in ihren spirituellen und Heilritualen eine große Rolle spielt. Ihre Gottheit Sibu wurde nach Erschaffung der Welt selbst zum Baum und nahm sich den Kakaobaum zur Frau. Uns so ist es heute wie einst den Frauen vorbehalten, aus den Bohnen des Kakaos den Trank für ihre spirituellen Ritale brauen zu dürfen. Mittlerweile vermitteln die Bribri im Rahmen des Ökotourismus Besuchern Wissen über ihre traditionelle Lebensweise und gewähren Einblicke in ihre Welt.

Die Ngöbe-Buglé Bevölkerung – die Verbindung zweier Kulturen

Rund 12 Prozent der Einwohner Panamas identifizieren sich mit einem indigenen Volk oder haben eine indigene Herkunft. Etwa sieben indigene Völker gibt es in Panama: die Ngäbe, die Buglé, die Guna, die Emberá, die Wounaan, die Bribri und die Naso Tjërdi. Die Stämme der Ngöbe und der Buglé, zusammen rund 200.000 Einwohner, bilden gemeinsam das größte indigene Volk, das sich ein gemeinsames Territorium teilt, welches nach ihnen Ngöbe-Buglé benannt ist. Sie leben in Siedlungen in Stangenhäusern mit einem Gras- oder Zinkdach. Den Frauen der Ngöbe-Buglé kommt eine wichtige Rolle in der Familie zu, denn sie tragen nicht nur die Verantwortung für Haushalt, sondern auch für Landwirtschaft und Handwerk. Sie stellen aus Naturfasern so genannte Chácara-Taschen her, eine Einkommensquelle neben der Landwirtschaft. Die traditionellen Taschen sind vielseitig und werden von den Frauen der Ngöbe-Buglé sowohl zur Aufbewahrung von Lebensmitteln verwendet als auch als Baybytrage. Zudem trägt der Verkauf der Tasche zum Einkommen der Familien bei, die primär von der Landwirtschaft leben.

Das Herz von Honduras – die Lenca in Honduras

Honduras liegt an der breitesten Stelle der mittelamerikanischen Landbrücke. Mehr als neunzig Prozent der heutigen Einwohner des Landes sind Mestizen, also gemischt europäischer und indigener Abstammung; der Bevölkerungsanteil indigner Einwohner liegt bei rund sieben Prozent. Die größte indigene Gemeinschaft ist das Volk der Lenca, welche vor der spanischen Besatzung im 16. Jahrhundert eine Region besiedelte, die sich über Honduras und den Norden El Salvadors erstreckt. Rund 131.000 Lenca leben heute im Hochland im Südwesten des Landes sowie rund 48.000 im Norden El Salvadors. Unter Prinzessin Antu Silan Ulap I. organisierten die Lenca einen Widerstand unter dem Kommando des Kaziken oder Häuptlings Lempira. Rund zehn Jahre lang gelang es den Lenca, Widerstand zu leisten, bis Lempira schließlich im Jahre 1536 durch eine Kriegslist umgebracht wurde. Die Lencas in El Salvador halten die Erinnerung an die alte Dynastie durch mündliche Überlieferung wach haben auch Programme an Universitäten und mit Gemeinderäten ins Leben gerufen, um ihr Erbe, ihre Geschichte und nicht zuletzte ihre Rechte zu bewahren und zu fördern.

Garífuna – das facettenreiche afrokaribische Volk

Die afrokaribische Volksgruppe der Garífuna lebt in Honduras entlang der Nord- bzw. Karibikküste und auf den kleineren Karibikinseln sowie in den Ländern Belize, Guatemala und Nicaragua. Die Garífuna entstanden der Überlieferung nach im Jahre 1635 nach dem Schiffbruch eines Sklavenschiffes aus Westafrika vor St. Vincent. Die westafrikanischen Sklaven vom havarierten Schiff wurden von den Bewohnern der Karibikinseln aufgenommen und vermischten sich mit ihnen zur Volksgruppe der Garífuna. In ihrer Kulturverschmolzen westafrikanische, französische, britische und spanische Einflüsse zu etwas ganz Eigenem, was sich auch heute noch in ihrer Sprache, dem Igñeri, niederschlägt. Das religiöse Brauchtum der Garífuna ist vorwiegend afrikanisch beeinflusst; karibische Anklänge finden sich hingegen im kulturellen Brauchtum: So pflegen die Garífuna auch heute noch ihren eigenen Tanz und Musikstil Punta.

Die Pipil in El Salvador

Angrenzend an Honduras und Guatemala liegt El Salvador – oder Cuscatlan, wie es die Pipil nannten. Wie auch in Honduras leben hier die Lenca, als eine von drei verschiedenen indigenen Völkern. Weitere sind die Cacaopera, die vor allem im Nordosten des Landes leben, und die Pipil, im Westen von El Salvador. Zusammen machen die indigen Völker El Salvadors gerade einmal noch 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die Pipil gehören zum Volk der Nahua, deren bekanntesten Vetreter die Azteken waren. Der Name Pipil leitet sich vom Nahua pi piltin ab, was “Adlige” oder auch “Kinder” bedeutet. Die Religion der Pipil war derjenigen der Azteken sehr ähnlich: Eine Priesterschaft bildete eine besondere Klasse unter den Adligen. Die Priester, die in frühen historischen Berichten beschrieben werden, lebten in ihren Tempeln und trugen besondere Kleidung und Ausrüstungsgegenstände, die sie als Würdenträger auszeichneten und von anderen Mitgliedern des Adels unterschieden. Ihre Aufgabe bestand darin, Rituale zu vollziehen, Zeremonien zu leiten und als Vermittler zwischen den Göttern und dem Volk zu fungieren. Das Erbe der indigenen Völker schlägt sich in El Salvador in vielen Ortsnamen nieder, die von der Nahuat-Sprache abgeleitet wurden. Viele Salvadorianer sprechen Spanisch mit Nahuat-Dialekt.

Das indigene Nicaragua

In dem Land zwischen Pazifik und Karibischen Meer leben sieben indigene Völker. Historisch und kulturell bewohnen die Chorotega, Cacaopera oder Matagalpa, Ocanxiu oder Sutiaba und Nahoa oder Náhuatl die Pazifikküste, das Zentrum und den Norden Nicaraguas. An der der karibischen Küste leben vor allem Mískitu, Sumu-Mayangna und Rama bewohnt wird. In Nicaragua können Besucher unter anderem in Masaya, die nicht nur die “Stadt der Blumen” genannt wird, sondern auch den Titel “Wiege der nationalen Folklore” trägt, viel über die Folklore der indigenen Völker lernen. Hier haben viele folkloristische Ausdrucksformen ihren Ursprung und werden durch traditionelle Tänze, Marimba-Musik, Straßentheater und farbenfrohe Umzüge weiter verbreitet. Neben traditionellen Veranstaltungen wie dem Baile de Negras können Besucher auch auf dem Kunsthandwerksmarkt Mercado de las Artesanías in die Kultur Nicaraguas eintauchen.

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