Perus siebzig Millionen Hektar Amazonas-Regenwald werden in einem alarmierenden Tempo abgeholzt. Laut einer aktuellen Studie des brasilianischen Think-Tanks Instituto „Igarapé“ in Zusammenarbeit mit „InSight Crime“, das sich auf das organisierte Verbrechen in Lateinamerika und der Karibik spezialisiert, hat sich die Zerstörung des Bioms in den letzten Jahren aufgrund krimineller Aktivitäten verstärkt. „Im Jahr 2020 erreichte Peru den höchsten Stand der Entwaldung in seiner Geschichte, mit einer Gesamtfläche von 203.272 Hektar, die zerstört wurde, fast vierzig Prozent mehr als 2019“, heißt es in der Studie „The Roots of Environmental Crime in the Peruvian Amazon“. Aktivitäten wie illegaler Holzeinschlag, illegaler Goldabbau, Kokaanbau, Wildtierhandel und Landaneignung für Rinderfarmen und Agrarindustrie tragen zur Zerstörung des Waldes bei.
„Viele illegale Aktivitäten in Peru sind mit Umweltverbrechen entlang des Amazonasbeckens verbunden“, erklärte Melina Risso, Forschungsdirektorin am Igarapé-Institut. „Umweltkriminalität ist Teil einer breiteren regionalen Wirtschaft.“ Die meisten Aktivitäten im Zusammenhang mit Umweltkriminalität konzentrieren sich auf die Departements Loreto, Amazonas und San Martín im Norden des Landes, Ucayali und Madre de Dios im Osten an der Grenze zu Brasilien sowie auf zehn weitere Departements im Amazonasgebiet. Der Studie zufolge sind Viehzucht und landwirtschaftliche Aktivitäten – die in der Regel durch Landhandel erleichtert werden – die Hauptursachen für die Entwaldung.
„Landhandel ist der Name, den peruanische Experten für den Erwerb von Land, hauptsächlich für die Produktion von landwirtschaftlichen Gütern, durch korrupte Mechanismen der Landtitelvergabe verwenden“, heißt es in der Studie. Kriminelle Netzwerke organisieren die Besetzung von Land im Amazonasgebiet durch Landwirte und indigene Gemeinschaften und verschaffen ihnen Rechtssicherheit, um an Titel zu gelangen, die sie später an den Meistbietenden verkaufen. „Diese Netzwerke stützen sich in hohem Maße auf Korruption, auch durch Beamte der regionalen Landwirtschaftsdirektionen“, heißt es in der Studie weiter.
Drogen- und Holzschmuggel
Weitere Ursachen für die Entwaldung im peruanischen Amazonasgebiet sind der Drogen- und Holzhandel sowie der illegale Bergbau. Peru ist der zweitgrößte Kokaproduzent der Welt. Um Platz für den Anbau zu schaffen, roden und verbrennen die Produzenten Wälder in den Departements Ucayali, Loreto, Huánuco und Pasco sowie im Amazonas-Trapezium (Land am Amazonas) an der Grenze zu Brasilien und Kolumbien. Auch andere Schritte im Prozess der Kokainherstellung tragen zur Abholzung bei. „Rund um die Kokapflanzen im Amazonasgebiet sind Labors entstanden, in denen die Blätter zu Kokain verarbeitet werden. Und es wurden geheime Landebahnen gebaut, um den Handel zu erleichtern“, heißt es in der Studie. Im Jahr 2020 entdeckten die peruanischen Behörden sechsundvierzig geheime Landebahnen in Ucayali. Im September 2021 erklärte der Sicherheitsexperte Pedro Yaranga gegenüber „InSight Crime“, dass es allein in diesem Departement mehr als achtzig geben könnte. Auf Satellitenbildern der Plattform „Geobosques“ des peruanischen Umweltministeriums, die wichtige Informationen über die Umwelt und die Wälder sammelt, wurden die Landebahnen lokalisiert. „Die Landebahnen sind zwischen vierzig und siebzig Meter breit und sechshundert bis eintausendfünfhundert Meter lang“, erklärte Marcial Pezo, Leiter der Regionalverwaltung für Wälder und Wildtiere der Regionalregierung von Ucayali, gegenüber der Nachrichtenseite „Mongabay“.
Gold, Drogen, Holz und Tiere
Nach Angaben des Igarapé-Instituts haben kriminelle Netzwerke erkannt, dass Umweltkriminalität ein äußerst lukratives Geschäft mit geringen Risiken ist. Die durch Umweltkriminalität erzielten Gewinne ergänzen die Gewinne aus anderen illegalen Wirtschaftszweigen wie dem Drogen-, Menschen- und Waffenhandel. Peru, eines der Länder mit der größten Artenvielfalt der Welt, bietet reichlich Gelegenheit für Umweltkriminalität. Sein ausgedehnter Regenwald beherbergt etwa zehn Prozent der Pflanzenarten der Erde und Tausende von Tieren, darunter exotische Vögel und Jaguare. Darüber hinaus ist das peruanische Amazonasgebiet reich an Goldvorkommen. „Peru ist der größte Goldproduzent Lateinamerikas und die Rekordpreise für das Mineral haben zu einem Boom in diesem Bereich geführt und kriminelle Netzwerke bereichert“, so die Studie weiter. Man schätzt, dass achtundzwanzig Prozent des peruanischen Goldes illegal gewonnen werden.
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