Hunderte von Anhängern des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro drangen am Sonntag (8.) in das Gelände des Nationalkongresses in Brasilia ein und forderten eine Militärintervention zur Absetzung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Die Gruppe, die Putschthesen verteidigt, überwand eine Polizeiabsperrung und kletterte die Rampe zum Dach der Abgeordnetenkammer und des Senats hinauf und einige von ihnen betraten das Parlamentsgebäude. Anschließend drangen sie zum Praça dos Três Poderes (Platz der drei Gewalten) vor, wo es zu einer Konfrontation kam und begaben sich zum Planalto-Palast, wo sie einen Teil des Komplexes betraten und eine brasilianische Flagge in ein Fenster hängten. Nach Plünderungen im Kongress drangen sie in den Planalto-Palast und den Bundesgerichtshof (STF) ein, zerbrachen Glas und zerstörten das Mobiliar.
Die Extremisten, die meist gelbe und grüne T-Shirts und brasilianische Flaggen trugen, griffen auch einige Fahrzeuge der Polizei an, die für die Sicherheit des Kongresses sorgt. Sie zerstörten Schutzzäune und gingen mit Stöcken bewaffnet gegen die Beamten vor, die erfolglos versuchten, das Eindringen der Demonstranten zu verhindern. Die Polizei setzte Pfefferspray und Blendgranaten ein, konnte die Unterstützer von Bolsonaro aber nicht aufhalten. Nach Angaben der Behörden konzentriert sich der gesamte Polizeiapparat darauf, die Situation unter Kontrolle zu bringen. „Demokratie setzt Machtwechsel und unterschiedliche Ansichten voraus, aber sie lässt nicht zu, dass Brasilien in diesem Moment überrascht wird. Wir werden rigoros handeln, um Freiheit, Demokratie und die Achtung der Verfassung zu bewahren“, bekräftigte Brasilias Bürgermeister Arthur Lira. Die Staats- und Regierungschefs der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union (EU) und Lateinamerikas haben die Angriffe auf das das Schärfste verurteilt.
„Gewalt hat in keiner Demokratie Platz. Wir verurteilen entschieden die Angriffe auf die Institutionen der Exekutive, der Legislative und der Judikative in Brasilia, die auch einen Angriff auf die Demokratie darstellen“, so der US-Botschafter in Brasilia, Douglas Koneff Koneff. „Es gibt keine Rechtfertigung für diese Taten!“, fügte der Diplomat in einer Nachricht auf Twitter hinzu, die vom offiziellen Konto der US-Botschaft in Brasilia wiedergegeben wurde.
Update, 9. Januar
Ein brasilianischer Richter am Obersten Gerichtshof hat den Gouverneur des Bundesdistrikts Brasilia, Ibaneis Rocha, für neunzig Tage aus dem Amt entfernt. Die Justiz wies darauf hin, dass „die gewaltsame Eskalation nur mit Zustimmung und sogar effektiver Beteiligung“ der zuständigen Behörden für öffentliche Sicherheit und Geheimdienste erfolgen konnte. Angesichts des entstandenen Chaos verfügte Präsident Lula eine föderale Intervention im Sicherheitsbereich von Brasilia bis zum 31. Januar, mit der die regionale Polizei während dieser Zeit unter der Kontrolle der Zentralregierung stehen wird. Inzwischen ist die Situation weitgehend unter Kontrolle, mehr als dreihundert Personen wurden festgenommen.
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