Fünf Gründe, warum Fliegen gefährlicher wird

Schmelzende Gletscher. Schrumpfende Lebensräume und steigende Meerestemperaturen. Es gibt viel Grund zur Sorge, wenn es um den Klimawandel geht – und wenn Sie viel reisen, haben Sie guten Grund dazu, sich Sorgen zu machen. Der Flugverkehr ist nicht nur für schätzungsweise 3,5 Prozent des von der Menschheit verursachten Klimawandels verantwortlich, sondern wird zunehmend selbst zum Opfer des Klimawandels. Hier sind fünf Gründe, warum Flugreisen aufgrund des Klimawandels immer gefährlicher werden – und ein möglicher Übergang zu weniger gefährlichen und umweltbewussteren Reisen.

Zunahme der Turbulenzen

Extreme Turbulenzen haben in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt: Auf Flügen von Singapore Airlines, Air Europa, Qatar Airlines und LATAM (von Santiago de Chile nach Asunción in Paraguay) kam es zu Turbulenzen, die zu Verletzungen, Knochenbrüchen und sogar zu einem Todesfall durch Herzinfarkt führten. Laut Paul D. Williams, Professor für Atmosphärenwissenschaften an der Universität Reading, der sich mit dem Thema Turbulenzen und Klimawandel befasst, werden diese Vorfälle aufgrund des Klimawandelsimmer häufiger. „Heute gibt es über dem Nordatlantik 55 Prozent mehr schwere Turbulenzen in der sauberen Luft als zu Beginn der Satellitenbeobachtungen im Jahr 1979“, erklärt er. „In einem Szenario mit intensiven zukünftigen Emissionen wird sich dies bis 2060 voraussichtlich um 180 Prozent erhöhen. Damit wird sich der Anteil des Luftraums, in dem die Turbulenzen stark genug sind, um Verletzungen zu verursachen, fast verdreifachen, fügt Williams hinzu.

Der Grund dafür? Die starken Winde der Jetstreams – Windströmungen in der oberen Atmosphäre, die von Westen nach Osten verlaufen – nehmen zu, sagen die Forscher. Eine Analyse aus dem Jahr 2023 deutet darauf hin, dass sich der Jetstream für jedes Grad Celsius Erwärmung, das durch die Emissionen verursacht wird, um 2 % beschleunigt. Dies könnte zu mehr und längeren Stürmen sowie zu stärkeren Turbulenzen führen, die den Flugverkehr turbulenter machen als je zuvor. Auch saubere Luftturbulenzen, eine unsichtbare Form von Luftstörungen, die unerwartet auftritt, nehmen mit der globalen Erwärmung zu. In einer kürzlich durchgeführten Studie wurde ein „signifikanter positiver Trend“ bei dieser Art von Turbulenzen aufgrund des Klimawandels festgestellt, wobei Nordafrika, Ostasien und der Nahe Osten besonders gefährdet sind. Der Anstieg ist so signifikant, dass die Forscher sagen, dass Konstrukteure dies bei der Entwicklung zukünftiger Flugzeuge berücksichtigen sollten.

Durch Stürme verursachte Schäden an Flugzeugen

Bei einem weiteren Unglück in der Luftfahrt wurde die Nase eines Flugzeugs der Australian Airlines während eines Sturms im Juni durch Hagel praktisch zerstört. Vorhersagen zufolge werden extreme hohe und niedrige Temperaturen häufiger auftreten, während gleichzeitig die Niederschläge zunehmen und der Anteil intensiver Stürme steigt. Laut NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration/Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten) haben die extremen Niederschlagsereignisse an einem einzigen Tag seit den 1980er Jahren „erheblich“ zugenommen, wobei die Schwankungen je nach Region sehr groß sind und der Prozentsatz der Landfläche, die von diesen Stürmen betroffen ist, stark ansteigt. Obwohl Flugzeuge auch bei starkem Regen fliegen können, wird die Sicht der Piloten durch die Niederschläge beeinträchtigt. Auch wenn die Häufigkeit von Hagelstürmen durch den Klimawandel nicht zunimmt, werden Stürme mit größeren Hagelkörnern – und einem größeren Schadenspotenzial – voraussichtlich häufiger auftreten.

Überflutete Start- und Landebahnen

Flughäfen, die in der Regel in niedrigen, flachen Gebieten gebaut werden, die sich ideal für Start- und Landebahnen eignen, oder in der Nähe von Wasserstraßen liegen, werden bereits jetzt von Hochwasserereignissen heimgesucht. So wurde beispielsweise der internationale Flughafen Salgado Filho in Rio Grande do Sul, Brasilien, im Mai durch Rekordregenfälle überflutet. Laut einer Analyse aus dem Jahr 2021 liegen weltweit 100 Flughäfen unterhalb des Meeresspiegels, und das Überschwemmungsrisiko für Großflughäfen wird sich bis zum Jahr 2100 bei steigendem Meeresspiegel voraussichtlich um das 69-fache erhöhen. Auch bei Flughäfen, die nicht unterhalb des Meeresspiegels liegen, könnten die Start- und Landebahnen überflutet werden, wenn die Stürme stärker werden und die Niederschlagsmengen zunehmen; außerdem wird vorhergesagt, dass Flüsse im Zuge des Klimawandels häufiger Überschwemmungen auslösen.

Zu heiß, um damit umzugehen

Und Wasser ist nur eines der Probleme, mit denen Flughäfen in einer sich erwärmenden Welt konfrontiert sind: Steigende Oberflächentemperaturen und Hitzewellen beeinträchtigen offenbar die Fähigkeit von Flugzeugen, abzuheben. Flugzeuge sind auf den Auftrieb angewiesen – eine aerodynamische Kraft, die durch die Wechselwirkung zwischen einem Flugzeug und den es umgebenden Luftmolekülen entsteht -, um abzuheben. Wenn sich die Atmosphäre jedoch erwärmt, dehnt sich die Luft aus und wird weniger dicht, was die Startfähigkeit von Flugzeugen verringert, so dass sie mehr Platz auf der Startbahn und weniger Fracht zum Abheben benötigen. Als Williams und sein Team die Startleistung von Flugzeugen auf griechischen Flughäfen über die letzten sechs Jahrzehnte analysierten, stellten sie fest, dass sich mit der Erwärmung des Klimas die Entfernung, die Flugzeuge zum Starten benötigen, um durchschnittlich 0,15 % pro Jahr erhöhte.

Hohe Temperaturen haben noch weitere Folgen für die Luftfahrtindustrie. Denken Sie an die enorme Hitze, die eine Start- und Landebahn erzeugen kann – Hitze, die an den heißesten Tagen Emissionen freisetzt, die mit denen von Autos vergleichbar sind. Diese Hitze kann die Arbeit der Angestellten von Fluggesellschaften gefährlich machen und kostspielige Verspätungen für die Fluggesellschaften verursachen: Tatsächlich ist extreme Hitze für mehr Flugverspätungen verantwortlich als Winterwetter.

Die Ära der längeren Flüge bricht an

Als ob Stürme, Hitze und Turbulenzen nicht schon genug wären, wirkt sich der Klimawandel auch auf die Länge einiger Flüge aus. Das Team von Williams fand heraus, dass die Verstärkung des Jetstreams zu stärkeren Seitenwinden bei Flügen in Richtung Westen führt – Winde, die Flugreisen weniger effizient und langsamer machen. Selbst wenn der Luftfahrtsektor nicht weiter wachsen würde, werden die Flugzeuge jedes Jahr mehr als 2.000 Stunden in der Luft bleiben. Das bedeutet mehr Emissionen und mehr Kosten für die Fluggesellschaften – und mehr Ärger für die Reisenden, die kürzere Flüge in Richtung Osten mit längeren Reisen in Richtung Westen kompensieren.

Gute Nachrichten für Flugreisende

Die lange Liste der Möglichkeiten, wie der Klimawandel den Flugverkehr verschlechtern könnte, kann selbst einen Klimaoptimisten deprimieren. Und auf den ersten Blick mag Williams‘ Sicht auf das Thema pessimistisch erscheinen. „Solange sich das Klima ändert, werden all diese Folgen weiter bestehen“, sagt er und schließt sich damit dem Konsens an, dass der Klimawandel unweigerlich die Lebensmuster des 21. Jahrhunderts verändern wird. Aber die Worte des Wissenschaftlers haben auch eine gute Nachricht und einen Funken Hoffnung für die Zukunft unseres Planeten. Indem wir unsere Abhängigkeit vom (zunehmend gefährlichen) Flugverkehr verringern, können wir dazu beitragen, die schlimmsten Auswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels durch eine Reduzierung der Emissionen einzudämmen.

Es gibt vielleicht auch einen anderen Weg: Im Jahr 2022 kündigten mehr als 2.500 Vertreter der weltweiten Luftfahrtindustrie ein internationales Ziel an, die Kohlenstoffemissionen des Sektors bis zum Jahr 2050 vollständig zu eliminieren. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber jeder Fortschritt wird dem Planeten zugute kommen. Die Forscher sind sich zwar einig, dass einige der Schäden, die der Mensch dem Planeten zugefügt hat, nicht mehr rückgängig gemacht werden können, aber sie behaupten auch, dass die Menschen mit etwas Kooperation und Opferbereitschaft die schlimmsten Prognosen vermeiden können, indem sie ihre Tätigkeiten hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf den Planeten heute reduzieren.

Das Worst-Case-Szenario zu verhindern, wird schwierig sein, aber globale Maßnahmen könnten den Planeten – und den Flugverkehr – in den kommenden Jahrzehnten positiv beeinflussen.