Rücknahme El Decreto Supremo 748‎ in Bolivien: Morales erleidet politische Niederlage

neujahr 1

Datum: 02. Januar 2011
Uhrzeit: 05:41 Uhr
Leserecho: 5 Kommentare
Autor: Sascha Blodau
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Und ehe man sich umsieht ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Hätte ich kaum für möglich gehalten. Was so groß angelegt war, wurde einfach mal schnell zurückgenommen. Sogar noch schneller, als sich so mancher deutscher Politiker für seine verbalen Entgleisungen öffentlich entschuldigen würde.

Aber so ist es eben, solche Sachen flammen hier in ähnlicher Art  und Weise öfter mal auf und erlöschen dann auch genauso schnell wieder und sind am nächsten Tag schon vergessen. Das „Gasolinazo“ ist nach meinem empfinden, was ich hier so sehe und erlebe, auch gar nicht durchsetzbar.Ich hätte darauf gewettet, dass es scheitert. Man kann nicht irgendwelchen Menschen, die fast gar nichts haben, noch das Doppelte wegnehmen. Das wäre dann ja weniger als „Nichts“. Es geht ins Lächerliche, und dass so etwas nicht funktioniert, haben wir eigentlich schon alle in der ersten Klasse gelernt. Nur gibt es anscheinend Menschen, die diese Tatsache ihr Leben lang nicht wahr haben wollen und erst nachdem sie mit den harten Fakten konfrontiert werden, endlich Einsicht zeigen.

Neujahr konnte als richtig gefeiert werden. Wo anderswo ab 00:00 Uhr die Feiern langsam ausklingen, fangen die hier überhaupt erst an.

Man macht hier erst mal ein großes Essen mit der Familie, meistens ist es Schweinebauch oder Rippen mit dick Speck dran, im Ofen gebraten, bis die Kruste richtig Cross ist, und Bratbananen dazu. Um 12Uhr wird dann mit der ganzen Familie angestoßen und das eben beschriebene Essen verzehrt. Erst danach begibt man sich zu den Feierlichkeiten, wo man Freunde und Bekannte trifft und mit reichlich Alkohol das neue Jahr begießt. Diese Feiern gehen meistens die ganze Nacht hindurch und länger.

Selbst um 12 Uhr mittags habe ich noch laute Musik aus den Höfen gehört und regelmäßiges Gelächter, die waren also noch gut drauf. Bei mir war allerdings „schon“ morgens um 7 Uhr Schluss, da fehlt mir noch ein wenig die Übung. Das Leben im Zentrum von La Paz am Neujahrstag war völlig normal. „Gasolinazo “ eher ein Fremdwort, was war das noch gleich.

Im Stadtpark drängten sich Eltern mit ihren Kindern vor den Fahrgeschäften und Karussellen, überall vergnügte Menschen und verliebte Pärchen. Man saß eisessend auf den Grünflächen und flanierte so durch die Gegend. Wo vorgestern noch der wütende Mob tobte, zeigen Straßenkünstler ihr Können und die Leute standen interessiert drum herum. Vereinzelt trifft man die letzten Partyfossilien, wankend suchen sie den Heimweg und bleiben doch ab und zu mal sitzen um ihren Rausch an der frischen Luft etwas auszudunsten. Es war ruhig, auch von Polizei keine Spur. Selbst am Prado, der zentralen Hauptstraße, nur die Kinos, Cafes und Restaurants hatten geöffnet, wie immer an Feiertagen. Einzelne Autos samt Insassen, wohl ermuntert durch den wieder gewohnt niedrigen Spritpreis, machten eine kurze Spritztour durch das Zentrum. Schamanen priesen an, aus frisch  gegossenem  Blei die Zukunft lesen zu können. Straßenverkäufer boten ihre Waren feil, eben alles wie sonst auch.

La Paz am Neujahrstag 2011. Schön, so als wenn nichts gewesen wäre.

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Sascha Blodau hat im Jahr 2010 seinen Lebensmittelpunkt nach Bolivien verlagert. In seiner Kolumne berichtet er über das Abenteuer „Auswandern“ und die Herausforderungen des täglichen Lebens im südamerikanischen Binnenstaat.

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Kommentarbereich

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  1. 1
    Chris

    Diese irgendwelche Menschen die nichts haben sin vopn der Erhöhung der Benzinpreise betroffen ¿ Wozu nehmen die den Spritt ?
    Wenn die Fahrtarife dadurch erhöht wurden liegt es aber auch daran das die ohnehin viel zu billig sind ..

    Evo macht sich durch solche unbedachten Handlungen das regieren schwer ….

  2. ..ja, dass kann man wohl sagen, er hat bestimmt an Glaubwürdigkeit verloren. Anders wie in Deutschland fahren die Menschne hier nicht zum Spaß durch die Gegend, etwa 90% der Kraftfahrzeuge sind aus beruflichen Gründen unterwegs.

    Die Fahrpreise mögen für uns Europäer zwar lächerlich sein, für eine Cholita die ihr Gemüse damit zum Markt transportiern muß ist es aber ein bedeutender Kostenfaktor, was sich auch auf den Verkauf bemerkbar macht. Und da bei vielen Leuten schon alles im Grenzbereich liegt ist es einfach zu viel.

  3. 3
    Chris

    Adererseits muss man aber auch sagen das alles was sich zur Zeit weltweit abspielt in Sachen Kraftstoff-und Oelpreise schlágt dem Fass den Boden aus . Einige wenige Lobbyisten bestimmen einfach mal die Weltmarktpreise , erhöhen ihre Gewinne ins unermessliche , und der Konsument nimmt es einfach so hin , wer hat dann die Schuld ? Der Verkáufer oder der Käufer ??? Nachfrage bestimmt den Preis ! Solche Oelmultis verlassen sich mit recht darauf das die leute sich sowieso nicht einig werden , und den Power des Verbrauchers mal ausschöpfen !

  4. ..ja das stimmt auch wieder, wenn eine Preiserhöhung von der Seite kommen würde, dann müßten wir wohl oder übel den teureren Sprit zahlen, ob die Leute darunter leiden oder nicht..

  5. 5
    juri

    immer langsam, der größte Anteil an den Kraftstoffpreisen werden von der Regierung als Stuern abgezogen!

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