Seit gestern ist Haiti wieder entspannt, einige Schulen haben schon wieder geöffnet, andere ruhen noch aus und lassen die Knirpse den Freitag zuhause. Aus den Radios hört man keine Schreckensmeldungen mehr, wenigstens nicht von der politischen Bühne. Die „Cholera“ beherrscht wieder die Hörerwelt, das Wort ist ja nicht weniger schrecklich.
Die Marktsituation ist verzweifelt, die Supermärkte sind leergekauft. Angeblich von den Bourgois, die hatten Angst vor Unruhen und packten und hamsterten die Vorräte nach Haus. Die haben ja auch Geld. Aber es geschah nichts, die Kundgebungen waren freudig, man tanzt und singt wieder auf den Straßen, und es herrscht Feststimmung. Die Geschäfte werden wieder ausgepanzert, nur die erschossenen Polizisten können nicht wiederbelebt werden- trotz Houngans und Mambos. Begräbnisse sind angesagt.
Wie die beiden Auserwählten, Madame Manigat und der einstige Sänger Martelly bei den Stichwahlen abschneiden und was dann geschieht, das wissen wir noch nicht. Dieses wird im laufenden Monat auch nicht mehr geschehen. Und der angeschlagene Präsident, der dieser Tage abtreten sollte, wird sein Amt drei weitere Monate behalten. Wie er es ja auch vorgehabt hatte.
Martelly ist erstaunlich plötzlich der Nachfolger Obamas geworden, wenigstens auf der akustischen Bühne. Denn wenn die Straßenlautsprecher noch vorgestern „Obama, Obama“ über die Zeltstädte gebrüllt haben, so singt jetzt mit ihnen die Menge „Martelly, Martelly“. So schnell war ein neuer Kompa bereit. Wiederum Spitzenqualität. Erstaunlich, wie rasch die Komponisten und Sänger hier ihre Konzepte umsetzen, die ja immer politisch sind. Und am wirksamsten über die Musik verbreitet werden.
Und wir verkopften Europäer, wir müssen jetzt wohl oder übel mit dem guten Beispiel vorangehen und die Vorbehalte vergessen. Die Demokratie hat im Augenblick gesiegt und einen Mehrheitsentscheid getroffen. Und ein solcher ist zu respektieren.
Also wünschen wir, dass dies gut herauskommt und den neuen Präsidenten-Kandidaten (männlich und weiblich selbstverständlich) wünschen wir eine gute Hand und lange Lebensdauer.
Was mich betrifft, schreibe ich weiter an meinen Büchern. Ich habe ein drittes begonnen, „Die Sprache der Trommel“. Es wird ein Märchenroman, der Romanheld wird Fabulus heißen. So wie ein haitianischer Freund, der sein Glück mit Pferde- und Hahnenwetten gemacht hat. Und da meine Bücher und Geschichten vom Weinen zum Schmunzeln verführen sollen, trägt Fabulus ab heute rot-weiß getupfte Hosen. Denn getupfter Stoff steht fürs Schmunzeln, wie bei den Clowns.
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