In weiten Bereichen Mittelamerikas hat die rücksichtslose Bejagung der Wildtiere einerseits und die Rodung der Wälder (zwecks Gewinnung von Edelhölzern, Bauholz und landwirtschaftlicher Nutzfläche) andererseits zu einem markanten, gebietsweise gar katastrophalen Rückgang der Wildtierbestände geführt. Von dieser unerfreulichen Entwicklung ist die Natur in Belize bislang weitgehend verschont geblieben. Zwar sind auch hier die Wälder in unserem Jahrhundert mehrheitlich genutzt worden. Die Holzgewinnung geschah jedoch zumeist selektiv; es wurden also dem Wald gezielt nur die besten Hölzer entnommen und die übrigen stehengelassen. Ausserdem fand aufgrund der geringen Dichte der belizischen Bevölkerung vergleichsweise wenig Einwanderung durch landhungrige Siedler entlang der Forststrassen statt. Die Wälder vermochten sich deshalb von den geschlagenen Wunden stets wieder zu erholen. Kommt hinzu, dass sich die belizische Bevölkerung im allgemeinen wenig «schiesswütig» zeigt und den Wildtierbeständen bislang nur geringen Schaden zugefügt hat.
Die Zeit bleibt allerdings auch in Belize nicht stehen: Die menschliche Bevölkerung weist heute eine Zuwachsrate von drei Prozent im Jahr auf, der Strassenbau wird in allen Landesteilen kräftig vorangetrieben, und legale wie illegale Waldrodungen nehmen ständig zu. Um den Fortbestand der wertvollen Fauna und Flora von Belize zu gewährleisten, also das natürliche Erbe des Landes zugunsten der nachfolgenden Generationen sicherzustellen, müssen deshalb auch hier wirksame Naturschutzmassnahmen ergriffen werden, bevor es zu spät ist.
Eine altbewährte Massnahme bildet die Ausweisung möglichst grossflächiger Naturlandschaften als Schutzgebiete. Dies ist in Belize beispielsweise im Fall des Cockscomb-Basin-Reservats geschehen. Dieses wurde zwar hauptsächlich zum Schutz der dort heimischen Jaguarpopulation geschaffen, kommt aber selbstverständlich auch vielen anderen bedrängten Tierarten, darunter den Guatemala-Brüllaffen, zugute. Reservatsausweisungen haftet allerdings der Makel an, dass sie im allgemeinen von übergeordneter Stelle und entgegen den Interessen der örtlichen Bevölkerung angeordnet werden. Letztere muss vielfach auf tradierte Nutzungsrechte verzichten und hat deshalb dem betreffenden Reservat gegenüber eine negative Einstellung. Erfahrungsgemäss sind Wilddieberei und illegaler Holzschlag die naheliegenden, schwerlich unter Kontrolle zu bringenden Reaktionen.
Naturschutz auf neuen Wegen:
das «Community Baboon Sanctuary»
Dass es auch anders geht, hat der amerikanische Zoologe Robert Horwich in jüngerer Zeit eindrucksvoll nachgewiesen. Als er Anfang der achtziger Jahre sein Augenmerk auf die bedrängten Guatemala-Brüllaffen richtete, brachten seine Untersuchungen in Mexiko und Guatemala nur enttäuschende Resultate: Bejagung, Lebensraumzerstörung und eine Affengelbfieber-Epidemie hatten die Guatemala-Brüllaffenbestände dort fast gänzlich beseitigt. In Belize erlebte er dann eine erfreuliche Überraschung: Im Norden des Landes, rund um das Dorf Bermudian Landing, entdeckte er einen wirklich intakten Brüllaffenbestand. Diesen wollte er unbedingt erhalten – und zwar durch einen Naturschutz, der den Tieren und gleichzeitig auch den ansässigen Menschen hilft. Er war überzeugt, dass es der falsche Weg ist, Menschen einfach aus einem Gebiet auszuschliessen.
Das Naturschutzkonzept, das er in der Folge erarbeitete und inzwischen verwirklicht hat, unterscheidet sich denn auch völlig von bisherigen. Es ist nicht gegen die Einheimischen gerichtet, sondern berücksichtigt auch ihre Interessen, ja wird sogar von ihnen selbst – auf freiwilliger Basis! – getragen. Es lässt sich folgendermassen kurz umschreiben:
Gemeinsam betreiben die Bauern im Bereich des Dorfes Bermudian Landing auf ihrem privaten Land das «Community Baboon Sanctuary», zu deutsch «Gemeindereservat für Paviane» (wobei «Paviane» für «Brüllaffen» steht, denn so nennen die vorwiegend kreolischsprachigen Bauern «ihre« Affen). Ihre bisherige Form der Landnutzung bleibt erhalten: Eine Lichtung wird gerodet, mit Reis, Bohnen und weiterem Gemüse bepflanzt, später mit Bananen, nach fünf Jahren wieder aufgegeben. Entlang der Flüsse und Felder werden Randstreifen von Wald mit den Nahrungsbäumen der Brüllaffen stehengelassen, die dadurch auch die brachliegenden Gebiete bald wieder nutzen können. Nach zehn Jahren kehren die Bauern in das ursprünglich gerodete Land zurück, das seine Fruchtbarkeit inzwischen wiedergewonnen hat. Vorteile dieses Konzepts: Es gibt weniger Erosion, die Erträge auf den Feldern sind höher, die Wildtiere werden nicht verdrängt, die Landbesitzer gelangen durch anreisende Ökotouristen zu zusätzlichen Einnahmen.
Als Robert Horwich seinen Plan erstmals in Bermudian Landing bei einer Dorfversammlung vortrug, waren die Bauern zunächst skeptisch. Als sie jedoch erfuhren, dass die Teilnahme freiwillig ist, schlug die Stimmung um. Nach und nach liessen sie sich von den Vorteilen des Projekts überzeugen. Inzwischen haben sich über siebzig Bauern aus acht Dörfern dem Projekt angeschlossen und viele weitere bekunden ihr Interesse. Das Schutzprojekt umfasst heute – nach gut zehn Jahren Laufzeit – rund fünfzig Quadratkilometer, erstreckt sich etwa dreissig Kilometer entlang des Belize-Flusses und beherbergt eine Brüllaffenpopulation von ungefähr 900 Individuen! Es wird vom WWF und anderen internationalen Naturschutzverbänden unterstützt.
Mit seinem neuen Konzept hat Robert Horwich nachgewiesen, dass Naturschutz dem wirtschaftlichen Wohlergehen eines Gebiets nicht im Wege stehen muss. Im Gegenteil: Es hat handfeste Vorteile in Form von besseren Ernteertägen und zusätzlichen Einnahmen gebracht. Inzwischen wird das Reservat bereits von mehreren tausend Touristen im Jahr besucht. Die Bauern bieten den Besuchern nicht nur Unterkünfte und Verpflegung an, sondern verkaufen auch handgeschnitzte Holztiere und fahren sie auf Booten zu den Tieren – und kommen so zu beachtlichen Nebeneinkünften. Kein Wunder sind sie von «ihren» Brüllaffen begeistert und setzen sich mit vereinten Kräften für ihren Fortbestand ein.
Für agência latina press
Markus Kappeler
Das Leben dieser Tiere ist schützenswert,obwohl Brüllaffen
gibts auch in V.
Der größte Brüllaffe lebt im Miraflores, fragt sich bloß wie lange noch?