Unbestritten ist, dass sämtliche Beutelsäuger, welche in der Neuen Welt heimisch sind, einer einzigen Familie angehören, nämlich der Familie der Beutelratten (Didelphidae). Die insgesamt rund 70 Arten, welche in 15 Gattungen gegliedert werden, sind vom südlichen Kanada südwärts bis zum südlichen Argentinien verbreitet. Hinsichtlich der Körpergrösse reicht das Spektrum von der ungefähr zehn Gramm schweren Kuns-Spitzmausbeutelratte (Monodelphis kunsi) bis hin zum Nord- oder Virginia-Opossum (Didelphis virginiana), welches bis 5,5 Kilogramm wiegen kann und die einzige Beutelsäugerart ist, welche heute in Nordamerika vorkommt.
Die Mittelamerikanische Wollbeutelratte ist eine von drei Arten in der Gattung Caluromys. Bei den beiden anderen handelt es sich um die Westliche, Rote oder Braunohr-Wollbeutelratte (Caluromys lanatus) und die Östliche, Gelbe oder Nacktschwanz-Wollbeutelratte (Caluromys philander). Die Mittelamerikanische Wollbeutelratte ist vom Bundesstaat Veracruz im südlichen Mexiko über Belize, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama und das westliche Kolumbien bis zum nördlichen Ecuador heimisch. Die Östliche Wollbeutelratte ist in Venezuela, Guyana, Surinam, Französisch-Guayana und Nordbrasilien sowie auf den Karibikinseln Margarita, Trinidad und Tobago anzutreffen. Die Westliche Wollbeutelratte ist vom nördlichen Kolumbien bis zum südlichen Paraguay und nördlichen Argentinien verbreitet.
Die Wollbeutelratten haben – wie ihr Name andeutet – ein wolliges «Teddybärenfell». Kennzeichnend ist ferner ihr mehr als körperlanger Schwanz, der in der hinteren Hälfte unbehaart ist und als kräftiges Greiforgan beim Klettern eingesetzt wird. Bei Bedarf können sich die Tiere allein am Schwanz von einem Ast herunterhängen lassen. Der Kopf weist grosse, häutige Ohren, dunkle Knopfaugen und einen deutlichen Stirnstreif auf. Die nackten Pfoten verfügen je über fünf Finger bzw. Zehen, welche mit Ausnahme des abspreizbaren grossen Zehs mit spitzen Krallen bewehrt sind, welche ebenfalls beim Klettern sehr dienlich sind. Der «Beutel» besteht aus einem Paar niedriger Längsfalten, welche das Zitzenfeld am Unterbauch des Weibchens beiderseits einfassen. Ihrem Namen zum Trotz verfügen die Wollbeutelratten also – wie übrigens viele andere Beutelsäuger – nicht über einen wirklichen Brutbeutel, in welchen der Nachwuchs aufgenommen werden kann.
In Regenwäldern heimisch
Die Mittelamerikanische Wollbeutelratte ist die grösste der drei Caluromys-Arten. Ihre Kopfrumpflänge bemisst sich auf 18 bis 29 Zentimeter, die Schwanzlänge auf 27 bis 49 Zentimeter, und das Gewicht liegt zwischen 200 und 400 Gramm. Die Fellfarbe unterliegt innerhalb des weiten Verbreitungsgebiets erheblicher Variation, ist aber im Allgemeinen oberseits gelblich, rötlich oder bräunlich, unterseits und auf der Stirn weisslich.
Über die Lebensweise der Mittelamerikanischen Wollbeutelratte ist erst wenig bekannt, denn es wurden bisher keine Feldstudien durchgeführt – wohl weil die Art klein, nachtaktiv und baumlebend ist und somit ein überaus schwieriges Studienobjekt darstellt. Im Folgenden sollen die spärlichen Informationen, die wir haben, zusammengefasst werden.
Regenwälder bis zu einer Höhe von ungefähr 2500 Metern ü.M. bilden den Lebensraum der Mittelamerikanischen Wollbeutelratte. Hier bewegt sich die gewandte Kletterin die meiste Zeit im oberen Bereich des Kronendachs umher. Selten steigt sie in die mittleren Baumetagen und so gut wie nie auf den Boden hinunter. Wie die meisten neuweltlichen Beutelsäuger ist sie vornehmlich nachts unterwegs. Ihre Kost ist vielfältig: Zur Hauptsache setzt sie sich aus Früchten aller Art zusammen, beinhaltet aber auch Blüten und Nektar sowie Insekten und andere Kleintiere.
Hinsichtlich der Gesellschaftsstruktur der Mittelamerikanischen Wollbeutelratte dürfen wir annehmen, dass sie wie alle anderen neuweltlichen Beutelsäuger einzelgängerisch lebt. Zwar können sich mitunter zwei oder mehr Individuen in der Krone eines früchtetragenden Baums aufhalten, doch kommt es dabei kaum zu direkten Kontakten, weil die Tiere einander geflissentlich aus dem Weg gehen. Sollte dennoch einmal ein Individuum einem anderen zu nahe kommen, so versuchen beide, ihr Gegenüber mit Maulaufreissen und Zischen einzuschüchtern – und gehen dann in der Regel einfach beide wieder ihres Wegs.
Von der besser untersuchten Östlichen Wollbeutelratte wissen wir, dass die einzelnen Tiere Gebiete von durchschnittlich etwa drei Hektaren bewohnen, welche an den Rändern mit den Wohngebieten der Nachbarn überlappen können. Ob der zentrale Wohngebietsbereich zur alleinigen Nutzung, also als Territorium beansprucht wird, ist allerdings auch von dieser Art nicht bekannt.
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