Es ist einfach zu drollig, wie man hier in Haiti kommuniziert, oder nicht. Wie im Abendland im tiefen Mittelalter, so scharen sich die Branchen zu einander, oft eine Straße lang oder mehrere. So gibt es kilometerlange Zeilen von Gemüseverkäufern, Läden mit Autoersatzteilen oder Schneidern mit Nähmaschinen, und wie das bei den CD-, DVD- oder Radio-Verkäufern tönt, ist geradezu unbeschreiblich. Denn selbstverständlich lassen sich die Nebenbuhler nur übertreffen, wenn der Lautstärkeknopf noch ein paar Zacken zugibt.
So sitzen auch die Telefonisten in langer Reihe. Mit ihren Telefonen. Ja Sie haben richtig gelesen, in diesem Klima erübrigen sich gedeckte Räume für Krämer, Handwerker und auch Telefonisten, Telefonkabinen gibt es nur in wenigen Postbüros, aber die sind leer, denn dort ist es muffig und heiß. Wer kein Handy oder keines mit Stromladung oder Gesprächsguthaben besitzt, sucht sich die Telefonisten draußen mit ihren Telefonen. Man weckt den schlafenden Operateur und gibt ihm ein paar Gourdes oder was man eben so hat, und der Bursche streckt dem Redewilligen ein Telefon mit Wählscheibe hin. Oder man meldet ihm die Nummer, und er besorgt das Wählen mit Scheibe oder Tasten. Um Ausland-Vorwahlen braucht man sich nicht zu kümmern. Wenn die Verbindung steht, braucht der Sprechwillige nur noch den Hörer zu nehmen und loszulegen. Eine Mitgift von den Nachbarn ist oft inbegriffen.
Bis vor einigen Monaten gab es da in Pétion-Ville sogar noch ein Geschäftszentrum, seit vielen Jahren. Eine Art Privat-Post mit allen Dienstleistungen, die auch in einem modernen Staat üblich sind. Es gab da ein paar Telefonkabinen, die waren klimatisiert. Und es gab Support, in den üblichen Sprachen und ein paar mehr. Da konnte man sogar faxen, was auf den offiziellen Postbüros nicht möglich ist. Ich würde meinen, mit dem Aufstreben des jungen Staates, seinen neugeborenen Business-Babys und seinen dreitausend Hilfswerken und NGO’s sei das endlich vonnöten. Vonnöten offenbar auch für die GO’s, und die sind eben wichtiger. Die NGO’s, Business-Babys & Co. haben ja ohnehin ihre eigene Infrastruktur, und die Öffentlichkeit braucht das nicht. Also hat das Stadthaus das Geschäftszentrum kurzerhand konfisziert und ist momentan im Begriff, es als künftiges Stadthaus umzuwandeln. Ausgestattet ist es ja schon.
Man sieht, das Bestandene-Bewährte findet immer noch Platz, neben Handys, e-Mail und IT-Telefonie. Und dass die Telefonisten gerne schlafen und das Klingeln verpassen könnten, ist weiter nicht so schlimm. Denn die Einrichtung ist ohnehin für abgehende Gespräche besser geeignet. Und solche Arbeit ist streng. Da ist es tunlichst gut auszuschlafen.
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