Haiti: Demokratie im Würgegriff des Auslands

Wahlen2

Datum: 30. März 2011
Uhrzeit: 05:19 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Otto Hegnauer
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Zunehmend erhalte ich Anfragen und Mails mit Aussagen wie: Sind die Wahlen bald fertig? Man hört nichts mehr von den Wahlen in Haiti. Was für Wahlen und für wen?

Diktiert durch das Weltgesicht und hingezwängt an die Seite des haitianischen Volkes- vor allem dem Volk ohne Einkommen und Bildung. Der unverbriefte Bund FRUSA (FR – USA) hat schon für die illegale Beseitigung Aristides gesorgt, seine Rückkehr mit allen Mitteln zu hintertreiben versucht und, nachdem das gefeierte Idol der Armen es doch geschafft hat, mit allen Mitteln bemobbt wird. Das gäbe Probleme, malte man an die Wand und Haiti hätte schon ohne genügend davon. Wo sind die Probleme und wo die gemalten Teufel an der Wand? Bis jetzt haben sich sowohl die zurückgekehrten Aristide als auch Duvalier ganz sittsam verhalten, sich auch gegenseitig in Ruhe gelassen und die seitherigen und gegenwärtigen Strassenaktionen betreffen Lebensmittelpreise und ähnliche Anliegen – mitnichten parteipolitische.

Angesichts so unerwarteter Fakten haben sich die unbemobbten Parteien in endlosen Streitereien um die immer noch fadengezogenen Marionetten-Wahlen, das Demokratieverständnis der politischen Elite und andere Möglichkeiten der Regierung, der politischen Mitbestimmung, Sachabstimmungen auf regionalen Ebenen oder die Rolle der Nichtregierenden (ONGs) verheddert.

Im Lande der Menschenrechts- und Hilfsorganisationen ist man durch das Verhalten des Auslandes allgemein und der Großmächte im Besonderen schockiert. Frankreich, Kanada & Co. drängen nach rechts, in die Nachbarschaft des Imperialismus und des Kolonialismus dem sie schon immer verhaftet waren.

Die Tambouren trommeln die Wahlen nach den Interessen der Weltgemeinschaft, legitimiert durch dafür geschaffene, nationale Instanzen, mit dem Segen der oberen Einkommensschichten und Kreise mit höherer Bildung, da alle andern (incl. Mehrheitsparteien) die Wahlpapiere gar nicht erhalten, mit Schützenhilfe der Medien der Welt. Diese Welt die schweigt.

Der Gipfel ist, dass 80 % der Bevölkerung dieses Landes völlig übergangen werden, keine Wahllegitimation oder nicht einmal persönliche Identitätspapiere haben- im Ausland als Null übersehen werden. Wenn sich dieselben Menschen mit denselben Voraussetzungen und Anliegen in einem, in jedem fremden Land melden, werden sie gehört und sogar unterstützt. Daheim ein zerquetschtes und zertretenes Volk, aber im Ausland akzeptiert. Akzeptiert und gehört wird vor allem die korrupte Führungsschicht, die die Welt mit hocherhobenem Haupt belügt.

Das große Volk ist arm, aufrecht und würdevoll. Man weiß nicht, wie viele „Demokratie“ noch wollen – man hört nur von diesen – und wie viele sie satt sind – die hört man nicht mehr. Die Motivation war da, sie war groß. Die Freude über die Demokratisierung ist verflogen. Das Ausland hat die Demokratie in Haiti erwürgt. Es wird lange dauern, bis die Motivation im Nachbarland der Dominikanischen Republik wieder da ist.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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