Ich dachte, dass ich mich schon einigermaßen hier im Land bewegen könnte. Aber hier wollte ich jetzt nicht alleine sein. Otto mit seinen 20 Jahren Haitierfahrung ist ein Fisch im Wasser.
Yves ist ein richtiger Schwarzer, ein feiner Kerl. Einfach auf dem falschen Fleck geboren. Oder vielleicht auf dem richtigen, weil er auf einem „normalen“ Fleck längst kaputt gemacht worden wäre? Er ist ein „intrinsischer“ Arbeiter, wie wir. Nie hat er etwas für den „César“ gemacht, wie man hier das Geld bezeichnet. Selbst als er hungerte, arbeitete er aus Lust. Ausschliesslich.
Vor über 10 Jahren hatte ihn Otti einmal besucht. Er arbeitete gerade an einer Riesen-Zigarre, einem Museums-Stück. Otti wollte die kaufen, als Prachts-Requisit für sein Haus, das damals noch stand. Er wollte wissen, was die denn koste. Yves lachte, nein, die bleibe sein unverkäufliches Unikum, die mache er aus Freude.
In den langen Jahren, in denen Otti in Gresye wohnte, brachte er ihm die auf Bestellung handgedrehten Zigarren auch immer 60 km weit über die Kordillere nach Hause. Und wohl gemerkt, für den ganztägigen Transport nahm er keinen Gourde an. – Auch jetzt schenkte er meinem Freund, der einmal sein einziger Kunde gewesen war, zwei leere Zigarrenkistchen und lackierte die noch extra, „gegen die Holzwürmer“. Otti wollte sich unbedingt erkenntlich zeigen. Doch Yves ist stolz wie ein echter Haïtianer und wies jegliche Gabe beharrlich zurück.
Sogar die MINUSTAH erkannte die Qualitäten des Mannes. Ihr Filmdienst dokumentierte sie in einem professionellen Film. Der soll helfen, die unbekannte Seite der Haitianer zu würdigen, die schon Kolumbus beschrieb: Die Haitianos sind «Menschen von unglaublicher Freigebigkeit. Wenn man um etwas bittet, sagen sie nie nein, sondern fordern einen ausdrücklich auf, es anzunehmen und zeigen dabei so viel Liebenswürdigkeit, als würden sie einem ihr Herz schenken»
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