Stegemann-Interview: „Verpasste Olympia-Teilnahme ist eine Katastrophe!“► Seite 4

Sie kennen ja Silvia Neid nun schon ewig, schon als sie Co-Trainerin unter Tina Theune war. Was hat sie denn falsch gemacht?
Wir haben davor sogar schon zusammen in einer Mannschaft gespielt. Es ist immer schlimm, wenn man den Fehler bei seinem Trainer sucht. Ich denke, da kommt das eine zum anderen. Wenn ich das jetzt objektiv beurteile, dann hätte ich wahrscheinlich ein bisschen anders gewechselt. Aber das ist immer wie es ist, sie ist vor Ort, sie ist in der Mannschaft und sie weiß, wie die Person gerade drauf ist. Ich kann das aus dem Stehgreif so nicht beurteilen. Ich hätte jetzt die Birgit Prinz nicht so auf das Abstellgleis gestellt, gerade gegen Japan. Die hatte so viel Frust, die hätte die Japanerinnen aufgefressen. Neid hätte zu ihr sagen müssen: „Sieh zu, mach es, es ist dein Job!“ Aber sie hat anders entschieden, ob es anders besser gewesen wäre weiß letztendlich keiner. Ich denke die Spielerinnen haben es sich nicht zu leicht genommen, da war eher die Angst, im eigenen Land zu versagen.

Die WM 2007 gewonnen, die EM 2009 gewonnen und jetzt 2011 wieder eine WM, dazu im eigenen Land. War der Erfolgsdruck für die Spielerinnen und die Trainerin vielleicht zu hoch?
Ich glaube schon, die Mannschaft hat sich ja auch verändert. Wenn man sich ansieht, wer 2007 auf dem Feld stand und wer jetzt noch dabei war bei der ersten 11. Die Mannschaft hat sich schon sehr verändert. Zwischen 2003 und 2007 war da nicht so der große Unterschied. Jetzt sind viele Junge mit dabei, die sind wirklich gut, aber die brauchen noch ein bisschen.

Haben Sie denn nach der Niederlage mit einer Spielerin gesprochen und was haben Sie ihr gesagt?
Da redet man natürlich nicht darüber was man falsch gemacht hat, sondern sagt: „Kopf hoch! Es geht weiter!“ Die sind einfach nach Hause, ab in den Flieger, einfach nur weg. Man will es natürlich nicht hören: „Woran lag es? Warum? Weshalb?“ Ich kann das gut nachvollziehen, weil 1999 bei meiner ersten Weltmeisterschaft – ich war damals Ersatzspielerin – da sind wir auch ausgeschieden. Aber die nächsten Jahre haben wir es dann allen gezeigt. Ab 2000, 2001 ging es richtig los mit dem Frauenfußball. Wenn ich mich an meine aktive Zeit erinnere, waren wir bei jedem Turnier vorne mit dabei. Jetzt kommen ja die Olympischen Spiele. Nicht nur dass wir ausgeschieden sind, wir sind nicht einmal bei Olympia dabei, das ist eine Katastrophe.

Lesen Sie im zweiten Teil des Interviews: Was Kerstin Stegemann über Weltfussballerin Marta denkt, warum sie keinen professionellen Trainerjob will und wieso Silvia Neid ihr und Birgit Prinz keinen schönen Abschied beschert hat.