Haiti: Deutsche Post mit Sondermarke „Alma Zombie“

Alma_Briefmarke

Datum: 21. September 2011
Uhrzeit: 22:48 Uhr
Leserecho: 0 Kommentare
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Zu diesem Buch ist bei der Deutschen Bundespost eine 55 Cent Briefmarke erschienen, ein Ereignis, das nicht mit jedem Buch widerfährt. „Wir gratulieren unserem Autor zu diesem Erfolg!“ schreibt Wagner in seinem Blatt. Und ich als Buchautor danke der Deutschen Post, dem Wagner-Verlag, seinem Chef Hauke Wagner und seinem Grafiker Richard Voigt meinerseits für die gelungene Motivation. Auch meinen Freunden in der Schweiz, in Deutschland und in anderen Schlaraffenlanden, ohne die ich das Zauberstück nie fertig gebracht hätte.

So ist Alma Zombie zu einem weiteren Sinn gekommen. Nach meinem Buch und entsprechend der Göttermutter der Bildung, die wir alle und vor allem die Haïtis so nötig haben, Bildung sogar für die Zombies, die Untoten, den teils ebenso verrückten Filmen die du findest, wenn du im Suchfeld von Youtube einmal „Alma“ oder „Zombie“ eingibst, und dann natürlich „Alma Zombie“, ist Alma Zombie neustens sogar zu einer Briefmarke geworden. Briefmarke der Deutschen Post. Ausser den paar Geschenkexemplaren, die zur Zeit bei einem Freund in Deutschland schlummern [wir hirnen noch, wie man die in unser Schulprojekt investieren könnte], habe ich kein einziges Stück bestellt, denn die Reklame wäre zwar gut, aber auch zum Postpreis der Marke etwas teuer. Ein Verkaufszuschlag zugunsten unseres Schulprojektes in Lakou Mango oder sonst der Armen wäre zwar eine glänzende Idee gewesen, aber die habe ich offenbar verpasst. Und zudem müsste Aufpreis und Verwendung wohl aufgedruckt sein. So bleibt nur noch der Sammlerwert, aber bei der bestehenden Auflage von kaum zwei Dutzend könnte einer ja noch Millionär werden. Man kann alles wenn man genügend daran glaubt. – Sicher ist, Alma Zombie hat Geschichte und macht weiterhin Geschichte.

Ich selber habe die Marke in Wirklichkeit noch nie gesehen, und werde das wohl auch nicht. Denn ich werde doch nie mehr zurückreisen in Schweizer- und Schlaraffenlande; ich habe das Leben in der „Residenz mit Türmchen“ umgetauscht in eine Realität in äusserster Bescheidenheit, bei der Familie von einstigen Hausangestellten – jetzt brauche ich keine mehr. Die haben mich liebevoll aufgenommen, nachdem bei mir nur noch Scherben, Schutt und Schlamm regierten. Und das Wichtigste, das Leben, völlig unversehrt mit all meinen Erlebnissen im Kopf, und in der Hand ein Laptop, deutlicher könnte der Fingerzeig nicht sein, dass ich jetzt schreiben muss. Das, was man mit den drei Dingen kann: Schreiben um Schmunzeln zu machen, denn das hilft besser als Weinen, nach all dem Geschehenen.

Und ein Fingerzeig, dass ich es vorher zu bunt getrieben hatte, ist auch dabei. Wird nicht mehr vorkommen. Das Erdbeben hat mich gewandelt. Ich bin traumatisiert, schreckhaft geworden, fahre bei entsprechenden Geräuschen oder Erschütterungen zusammen und träume fast jede Nacht – vorher habe ich nie geträumt (bitte nicht falsch verstehen, sendet mir jetzt nicht noch einen Arzt, ich brauche NICHTS!). Zum Glück sind es immer noch schöne Träume, meist sachliche, keine Schreckens-, Angst- und Alpträume etc. Frag mich doch nicht immer warum, ich habe diese Fragerei schon satt.

Mit Sicherheit habe ich hier meine neue Heimat gefunden, nein mich gelüstet es nicht mehr weg. Wir haben hier im Quartier wo ich Gast bin, Lakou mango in den Schwarzen Bergen ob Pétion-Ville, ein kleines Schulprojekt. 50 Kinder von Nachbarn haben sich gemeldet, die gerne eine Schule besuchen möchten, etwas lesen und schreiben lernen. Sie haben das Geld nicht und müssn auf der Gasse bleiben, das möchten wir ändern. „Ecole Soleil sur Montagnes Noires“ (Sonne über den Schwarzen Bergen) soll die Schule heissen. Aber alles ist schwierig, selbst wenn jemand spenden wollte, könnte er(sie) nicht – noch haben kleingeistige Federfuchser ihre Hand auf den Konten, die in Frage kämen. Jedenfalls: Die 100 ersten verkauften Bücher spende ich an die Schule, ich weiss schon wie. Nur bringt das auch noch nicht sehr viel.

Die Einnahmen für die Bücher selber – es werden noch mehr entstehen – gehen jedesmal an eine andere, geschädigte Person, zugunsten eines neuen Heims. Ich selber brauche keines mehr, mit 80 Jahren – könnte mir noch langweilig werden … Aber jetzt rühre ich die „Tambou lou“, die Werbetrommel, für meine Bücher. Ich bitte euch, mir dabei zu helfen, Trommelspielen fasziniert, macht Vibrieren und macht Märchen wahr – du liest das in meinem dritten Buch. Du liest nicht nur wahre und spannende Geschichten, das kann ich dir garantieren, sondern du unterstützst humanitäre Projekte dazu. Danke, danke, mèci empil (danke vielmals)!

Es tut sich was. Zum Abschluss etwas zum Schmunzeln, ganz im Sinn meiner Schreibe. So hat sich heute eine Druckerei aus China gemeldet (englisch, nicht chinesisch, ein Wunder … ), sie stellten Bücher viel billiger her als die Deutschen. Ich solle mal versuchen. Und dabei kann ich doch noch nicht einmal richtig Kreolisch, nach zwanzig Jahren … Also keine Angst, Herr Wagner!

„Haïti ist ein kleines, armes Land im Westen der Insel Hispaniola. Am 12. Januar 2010 wurde es zur Bühne der Welt, Trauerbühne für eine der größten Tragödien der Menschheitsgeschichte. Innerhalb von Sekunden raffte ein Schreckensbeben 316.000 Menschenleben dahin, verstümmelte zahllose Überlebende und verwandelte Millionen von Bauwerken in Schutt und Staub. Unter den Opfern war auch Otto Hegnauer, der auf der Insel sein kleines Paradies für den Lebensabend eingerichtet hatte und jetzt alles verlor. Wie er das Leben behielt und damit neu anfing, erzählt er in diesem Buch.“

Alma Zombie ist ein Buch geworden. Alma Zombie ist eine Briefmarke geworden. Hilf doch bitte mit, dass jetzt Alma Zombie auch noch zu einem Hit avanciert!

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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