Behandlung haitianischer Bürger in der Dominikanischen Republik

policia

Datum: 28. Oktober 2011
Uhrzeit: 04:53 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Die Behandlung von Bürgern aus Haiti durch dominikanische Polizei und Militär ist ein Dauerbrenner in der Presse. Wobei zu sagen ist, dass meine lieben Kollegen eben das schreiben, was die Leser hören wollen. Und das ist im Allgemeinen eine Ohrfeige an die Adresse der neureichen Ferienrepublik, undifferenziert aber schallend. Auch meine unten verlinkten Erlebnisse sind Einzelfälle und dürfen, wie alles, nicht verallgemeinert werden. Und ich muss zugeben, dass ich früher selbst ein Opfer von Vorurteilen war, vor allem aufgrund von schlechten Erlebnissen im Osten der Insel. Aber jetzt, nach 20 Jahren Erfahrung, sehe ich immer mehr die Zufälligkeit – es waren ausgerechnet europäische Ausländer die mich in der Domrep bestohlen hatten, und ich hörte auch sehr viel von guten Erlebnissen dort – trotzdem sind auch meine Vorurteile „abgesessen“ und ich ging jahrelang nicht mehr hin.

Natürlich haben wir auch unseren Anteil an Halunkenstreichen eingestrichen. Mehrmals setzten uns dortige Gaunergewerkschaften sogar nachts an der Grenze aus und halfen uns nicht weiter. Der schlimmste Dieb der mir eine Spende in vierstelliger Höhe gestohlen hatte war ein bereits reicher Hotelturmbesitzer, ein schon zu schnell aufgestängelter Bürger eines bekannten Staates (den Namen verschweige ich, um nicht auch noch Verallgemeinerungen und Vorurteile zu nähren). Aber ich kenne auch das Gegenteil, ausserordentlich zuvorkommende, liebenswerte, gastfreundliche Menschen die alles geben. Wie bei Kolumbus, der das ausgenützt hat. Auch das darf man nicht verallgemeinern. Ich habe Erfahrungen eingesteckt, seit 20 Jahren, hüben und drüben. Ausgezählt habe ich nicht.

Schon als ich als Geographielehrer unterrichtete, damals an der Kantonsschule Winterthur, machten Klassen von ausländischen Flüchtlingen Probleme. Es waren damals Ungaren, und man vertrat die Meinung, dass Menschen die ihr Glück im Ausland suchen, ihren Weg zuhause nicht gefunden und dort quasi versagt hätten; qualifizierte Kräfte würden Heimat kaum aufgeben sondern ihren Weg dort suchen und finden. Ähnliches erlebte ich mit Auswanderern aus Afrika und Haïti. Der Weg zu Illegalem und schnellem Geld scheint den Einwanderern kürzer als dort wo sie herkommen; jedenfalls werden sie häufiger polizeikundig als Altansässige. Zudem sind es die Bedürftigsten. Wie es sich mit diesem Argument bei klassischen Einwanderungsstaaten, USA, Kanada, Australien verhält, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ist das die Erklärung des „Wilden Westens“. Heute suchen gewisse Staaten direkt hochqualifizierte Einwanderer, indem diese ausfindig gemacht, per e-Mail angeschrieben und ihnen „Green-Cards“ angeboten werden. Während die schlecht ausgebildeten Einwanderungswilligen nicht einmal ein Visum erhalten.

Natürlich besteht zwischen den beiden Inselstaaten ein unvorstellbares Ungleichgewicht, vor allem in bezug auf Breite und Tiefe des klaffenden Grabens zwischen Arm und Reich. Das ist schon historisch begründet. Während sich die Weissen (Spanier) und Roten (so nennt man die eigentlich Hellbraunen, Mulatten) im Osten zusammenscharten um sich der Befreiungswut der Schwarzen (die im Westen wüteten) zu entziehen, haben die letzteren andere Werte gepflegt, und zum Arbeiten sind sie seit jeher in die Domrep gepilgert. Den dortigen Unternehmern – man sagt ihnen nach, sie könnten nur zuschauen und kommandieren – kam zustatten, dass die Haïtianer meist gewohnt waren, für einen winzigen Obulus oder nur fürs Essen zu arbeiten, das ist heute noch so.

So kamen die Unternehmer zu billigen Hoteltürmen und Feriensiedlungen, landwirtschaftlichen Fabriken und Ernten ihrer Plantagen, wie das schon zur Sklavenzeit so war, geändert hatte sich nichts. Ich lernte Saisonarbeiter kennen, die sind zufrieden und glücklich dabei, ihre Familien hätten das „immer“ schon so gemacht und wollten gar nichts anderes. Natürlich gibt es auch Konträres. Vor allem wird es kritisch, wenn die Wohnungseigentümer überzogene Zinsen zu verlangen beginnen oder die Menschen in die Schuldenfalle treiben, aus der sie nicht mehr herauskommen.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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  1. 1
    carlos

    hm, also so ganz verstehe ich nicht, was uns der Autor damit sagen will, es sind zwar ein paar interessante Einzelinformationen dabei, aber zum Thema?

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