Es ist ein Skandal. Fast vier Jahre lang versorgten wir Schule und Dorf mit Wasser, für Familien unserer Schüler sogar gratis, jeden Tag. Unsere Leute bauten die Zuleitungen und die Dörfler kamen täglich ihr Wasser holen. Nach vier Erfolgsjahren kommen wir nun „auf die Erde zurück“. Haben sich die Bauten schon „amortisiert“? Gelohnt auf jeden Fall, auch wenn die jetzige Enttäuschung bitter ist. Wir haben von einem Dauerzustand geträumt.
Die Hauptleitung der Montagnes Noires entlang hinauf zu den Reichen führt immer noch Wasser, die Bourgeois, die gleich unter dem Himmel wohnt, muss nicht leiden. Im Nachbarland der Dominikanischen Republik gibt eine nationale Wasserbehörde, die DINEPA. DINEPA hat uns den Anschluss abgestellt. WIR haben alles bezahlt, denn der Anschluss kostet. Aber manchmal nützt auch Bezahlen nichts, die haben auch Probleme und keinerlei Einfluss auf die Niederschläge. Sie versprechen täglich, die „Reparaturarbeiten“ würden laufen, es dauere nur noch wenige Tage. Und die verlängern sich laufend … Wenn sich Probleme ankündigen, kommen immer zuerst die Armen dran. Ich bin da machtlos. Die selbst gebauten Leitungen würden funktionieren, aber sie liegen trocken. Wie lange, wissen nur die Geister und in ein paar Tagen ist Schulbeginn!
In den nächsten und letzten Ferientagen werden die Lehrer vorzeitig einberufen, zu einer Notkonferenz. Die „Weisen“ sollen beraten, was zu tun ist, wie den zu erwartenden Fällen begegnet werden kann. Eine Option wird etwa sein, einen Wassercamion kommen zu lassen (woher nehmen denn die das Wasser?) und von der Strasse aus die Kübel durch die Schüler zur (fast) leeren Zisterne zu tragen (ein „technischer“ Rest wurde belassen um die Zisterne nicht zu beschädigen. Eine andere Option könnte sein: die Kinder tragen auf ihren Köpfen das Wasser selber zur Schule, das ihre Familien beschafft und gestiftet haben. Zum Beispiel von Bourgeois zusammengebettelt und von weit her getragen. Mir fällt auf, dass sich auch die Zisternencamions zu den Bourgeois häufen, die täglich die befahrbaren Strassen hinauf- und hinuntersurren.
Auch privat haben wir fast kein Wasser mehr, alles liegt trocken. Die Hygiene leidet, zum Hände- und Körperwaschen dient immer das gleiche Wasser. Man kann noch knapp Handtief eintauchen, das Wort „Baden“ hat längst einen anderen Sinn. Auch Kleider waschen und Toiletten reinigen erfolgt in einer abgestandenen Brühe, „Betonieren“, des Pausenplatzes natürlich auch, Trink- und Kochwasser haben wir in der „Trümmerburg“ längst nur noch aus Industrieflaschen gekauft.
Mystal trägt manchmal in großen Säcken winzige Plastisäckchen, sogenannte „Sachets“, voll Trinkwasser herauf und verkauft oder verschenkt sie, Inhalt knapp ein Deziliter, Preis 5 Gourdes/ein paar Rappen. Sie sind industriell abgefüllt und behandelt, da landesüblich. Per Auto wäre das auch möglich, aber zu teuer. Auch ich habe mich daran gewöhnt, Wasser aus Sachets zu trinken. Die werden im Zimmer in ein Glas abgefüllt und kommen in den Kühlschrank.
Immerhin habe ich persönlich das Bedürfnis, gelegentlich ein ausgiebiges Bad im Meer zu genießen, aber das braucht eine Autofahrt und vor allem eine Fahrerin. Und die sind zur Zeit schwer abkömmlich, voll beschäftigt mit Vorbereitungen, Recyceln und Abfall sammeln, Projekten und Problemen und manchmal noch persönlichen Bedürfnissen. Eines ist sicher: Die Schule wird ohne Wasser beginnen. Ein Skandal! Melissa ist am Letzten, weiß keinen Ausweg mehr. Bitten und Beten um Regen, hoffentlich nützt’s.
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