Man kann sich ja nicht gerade beklagen über mangelnde Phantasie der Haiti-Schiffer. Normale Einbäume sind wahre Kunstwerke der Schnitzer und Holzbildhauer und dienen ihnen zur behänden Fortbewegung selbst bei bewegtem Meer, mit nur einem Paddelruder, wohlverstanden. Selbst Einbaum-Taxis sind keine Seltenheit und immer noch rascher als die Autos im ewigen Stau.
Wenn das Boot etwas breiter ist und ein behäbiges Ruderboot bildet, wird es multifunktional: besonders in den Beaches wohin sich gelegentlich Touristen verirren ist es Sitte, dass diese Touristen sich ein bisschen in der Umgebung umher rudern lassen. Schwimmen können sie meistens ja nicht, aber es ist dem Ermessen des Bootsführers überlassen, bis in welche Tiefen er sich mit den Gästen hinauswagt, und da das Boot ohnehin reichlich Wasser rein lässt, sind Arbeitskräfte zum Raus schöpfen willkommen.
Das Boot bietet auch Platz für eine schwimmende Küche mit Holzkohleherd. Da wird andauernd Feuer gepflegt, ein Wunder dass ich noch nie Zeuge eines Bootsbrandes wurde. Es riecht wohlig nach Rauch, Feuer und Gewürzen, es riecht weder nach Fisch noch nach Fischern oder Parfum-Touristen. Im schmiedeeisernen Herd über dem Feuer werden frische Fische, Lambi-Muscheln und Meeres-Schnecken geröstet, und man beobachtet ein eifriges Nachwürzen und Zuschütten von Köstlichkeiten. Diese werden den Gästen im Umkreis angeboten und selbst solchen ins Restaurant verkauft. Gegen ein paar Gourdes, so können sie überleben, die Köche und Fischer. Man beobachtet auch eifriges Stibitzen und Genießen durch die Bootsführer selbst, die offensichtlich Spaß am Mundraub haben.
Wenn aus Nähe oder Ferne gar lüpfige Musik herdringt, sind die kochenden Bootsführer nicht mehr zu halten. Die schlanken Gestalten werden schwabbelig und füllen sich mit einer eigenartigen Energie, sie verwerfen die Glieder und scheinen selbst überzukochen, und meist singen und klopfen sie mit. Ihr Boot wird zum Tanzboden, und bei einem der großen Konzerte im Lambi konnte ich schon ganze Ansammlungen von Tanz-Ruderbooten beobachten, und manchmal fiel sogar ein allzu ekstatischer Tänzer ins Meer. Das ist nass aber warm. Gut, dass wenigstens der schwimmen konnte.
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