Eine total ausgetüftelte Teufelstechnik hält uns hin. Ich begreife die andern Alten langsam, die nichts mehr von Computern wissen wollen, sie haben ihre Ruhe. Ich selber plage mich seit gestern mit meinem deutschen Freund Toni, dem Hotelboss des Residence City, und meinem neuen Laptop, Acer und Windows 7. Wir bemühen uns vergeblich um eine Verbindung. In der Schweiz hatte das Tip-top geklappt, auf Anhieb und Knopfdruck wie alles dort, und immer blitzschnell. Hier kommen nur 1000 unnütze Sprüche, Keine Verbindung möglich, Der vom Computer gefundene Server ist falsch oder nicht vorhanden, und ähnliche. Im Haus seien auch andere Leute am Netz, über denselben Server. Und so schon gestern, stundenlang. Aber das ist ja kein Grund zum drüben Bleiben und Verrosten.
Das ist das Ende des Lateins, wie recht hat Toni, und dasselbe von vorn. „Lateiner“ müssen her, aber die seien an der Arbeit, und erst abends wieder abkömmlich. Also geht das Warten weiter. Und ich schreibe meine Geschichtchen halt offline. Aber die Tage laufen vorbei, und Haiti, Himmel und Hölle rücken immer weiter weg. Einigen Freunden hab ich’s geschrieben, zum Glück und wohlweislich zum voraus, sie möchten nicht erschrecken, wegen einer eventuellen Sendepause von ein paar Tagen. Dies könnte mit Strom- oder Verbindungsproblemen zusammenhängen, nicht mit Himmel und Hölle. Und in Haiti dürfte das kaum besser werden.
Das gewünschte Tagebuch entsteht zwar fortlaufend, aber kann erst bei besser klappender statt klappernder Verbindung ins Netz gestellt werden, und ist dann halt nicht mehr ganz so aktuell. Auch die e-Mails, Facebooks und Ähnliches werden zurzeit nicht mehr beantwortet, da nützt das Geheul der ewigen Besserwisser auch nichts, „du musst halt…“, „weißt du denn nicht…“ und „es steht ja alles geschrieben, lies doch die Dinger genauer“. Aber ich will weitere Leidensgefährten nicht noch mehr entmutigen.
Etwa um 13 Uhr Ortszeit geht Toni mit meinem Laptop spazieren und findet (heraus), es fehle offenbar an der Geographie, nicht am Server und nicht an meinem Laptop, ich bin beruhigt. In zwei Stockwerken oben im Haus hat er Empfang geschaffen, unten nicht, obschon mein Zimmer im Erdgeschoss und direkt neben dem Router liegt. Ich kippe noch rasch ein Rum-Cola hinunter und spaziere dann Richtung WIFI-Zone im Universitätsgelände, in der Absicht, dort weitere Versuche zu starten. Dann werde ich mich wieder melden, gegebenenfalls.
Natürlich kam es anders, auch dort dieselben Probleme, und auch eine nette Chemie-Studentin, mit der die sozialkompetente Melissa trotz Spanisch-Unkenntnissen rasch Freundschaft schloss, konnte uns nicht helfen. Die Chemie zwischen den beiden stimmte. Doch die skurrilen Kettenformeln, die sie uns zu erklären versuchte, halfen der Chemie des Computers gar nichts.
Unterdessen hatte Toni neue Router gekauft uns versuchte es mit diesen, bis spätnachts. Immer noch ohne Ergebnis. In der Annahme, wir hätten wieder etwas zu feiern, nämlich den letzten Abend in einem „kultivierten“ Land, gingen wir zum Italiener. Es war wohl 23 Uhr als wir heimkehrten, Toni hatte seine Bemühungen soeben eingestellt, dafür wartete vor der Tür ein anderes Wunder. Ich ziehe Wunder ja an, sagt man.
Es war Ulli, ein Indien-Deutscher, der mich unbekannterweise hier suchte und fand, wie im Januar der Redaktor aus Havanna. Er schreibt Bücher, erzählte von seinen Abenteuern, einem Unfall im Himalaya und der Ausraubung in der hiesigen Republik, wie es weiland auch mir in Paris passiert war. Ein lustiger Typ, irgendwie aus ähnlichem Holz geschnitzt wie ich. Das Aufregendste aber war, dass er versprach, nach Haiti zu kommen und mir dort ein Haus zu bauen. Was wohl daraus wieder werden wird? Sie sehen, liebe Leser, dass auch Ihnen der Stoff nicht so bald ausgehen wird!
Photo copyright©by Otto Hegnauer/latina press
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