Die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen vom 28. Oktober in Brasilien wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rechtspopulist gewinnen. Jair Messias Bolsonaro unterstützt die Liberalisierung des Waffeneinsatzes zur Bekämpfung der Kriminalität und Privatisierungen zur Wiederherstellung der Wirtschaft. Sein Gegner, Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei (PT), verspricht zur Politik der sozialen Eingliederung zurückzukehren, die während der Präsidentschaften von Lula da Silva und seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff Bestand hatte.
Vor allem der rechtsextreme Bolsonaro polarisiert und hat erfolgreich die Wutbürger gegen das verhasste Establishment mobilisiert. Was sich in der größten Demokratie Lateinamerikas abspielt, ist das Ergebnis eines gescheiterten politischen Systems. Die erste Runde der Wahlen am 7. Oktober hat bereits gezeigt, dass das Wahlvolk eine radikale Variante bevorzugt. Viele extreme Rechte sind in Parlament und Senat eingezogen, Kandidaten der linken Arbeiterpartei scheiterten zum Teil kläglich.
Was sind die Hauptgründe und die Unzumutbarkeit der Wähler hinsichtlich der Kandidaten?
Neuankömmling Bolsonaro trumpft mit starker Rhetorik gegen Kriminalität und Korruption und hat sich damit bei den Brasilianern durchgesetzt, die müde sind von Mord, Körperverletzung und Bestechung. Viele interpretieren die von Bolsonaro erreichte Unterstützung – eine Nostalgie für die Militärdiktatur, die die Foltermethoden jener Zeit rechtfertigt – eher als Sehnsucht nach Wiederherstellung der Ordnung denn als Hinwendung zum antidemokratischen Autoritarismus. In weiten Teilen des Landes herrscht ein sogenannter Anti-PTismus. Die Arbeiterpartei ist wegen der Korruptionsaffären der vergangenen Jahre für viele Menschen eine „Diebesbande“ geworden. Sowohl im Süden als auch im Norden Brasiliens schlägt der PT regelrechter Hass entgegen. Darüber hinaus hat die Botschaft der „Familienwerte“ viele katholische und evangelische Gläubige überzeugt. Obwohl Bolsonaro seit fast drei Jahrzehnten Politiker ist, gilt er als „ein Newcomer mit einer sauberen Bilanz“.
Haddad gilt als „Mann Lulas“ und war bis zur Ernennung als „Ersatzkandidat“ national eher unbekannt. Seine wichtigste Stütze sind deshalb die Wähler, die den Kampf gegen die Armut und den anfänglichen Wirtschaftsboom der Lula-Ära vermissen und hoffen, dass diese Errungenschaften nach Jahren der Rezession und Sparpolitik wiedererlangt werden. Der ehemalige Stadtpräfekt von São Paulo hat sich verpflichtet, die PT-Orthodoxie umzusetzen, indem er die Steuern für die Reichsten erhöht, die Privatisierungen drosselt und die öffentlichen Ausgaben erhöht, was seiner Meinung nach die schwache brasilianische Wirtschaft wiederbeleben wird. Haddad und die PT wollen lediglich wiederholen, was Lula als Präsident getan hat und ignorieren dabei all die Korruption, die Lula und seine Genossen praktizieren.
Das Ergebnis? Bisher scheint Bolsonaro die Schlacht zu gewinnen. „Die Wähler wollen eine Veränderung“, analysiert David Verge Fleischer, Sozialwissenschaftler und Professor an der Universität von Brasília. Nach seinen Worten ist dies eindeutig und unmissverständlich daran zu erkennen, dass Bolsonaros „Partido Social Liberal“ (PSL) von 8 auf 52 Abgeordnete anstieg.
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