Uruguay, ein Land mit 3,4 Millionen Einwohnern und zwölf Millionen Rindern, steht vor einer beispiellosen Herausforderung für seine Rindfleischwirtschaft. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte importiert die kleine südamerikanische Nation Rindfleisch aus den Nachbarländern – vor allem aus Argentinien, Paraguay und Brasilien – für den Eigenbedarf. Der Grund: Chinas wachsender Appetit auf hochwertiges Gourmet-Fleisch. „Asado de Tira“ gilt als uruguayisches Nationalgericht, obwohl nicht landesspezifisch, sondern in der gesamten Río-de-la-Plata-Region verbreitet. Für einige ist es das beste Rindfleisch der Welt, aber die beliebtesten Stücke sind in vielen Läden plötzlich schwerer zu finden.
„Das liegt an den Exporten nach China. Wenn Chinesen nach Fleisch fragen, kommt nur die beste Qualität in Frage“, erklärt Joaquin Gonzalez, Leiter vom „El Palenque“, einem bekannten Grillrestaurant in Montevideo. Die Uruguayer sind Fleischliebhaber und mit einem Verbrauch von mehr als fünfzig Kilo Rindfleisch pro Person und pro Jahr Weltmeister. Gesunde Kühe machen uruguayisches Rindfleisch so begehrt. Die Tiere weiden auf riesigen natürlichen Flächen, sind per Gesetz hormon- und antibiotikafrei. Zudem wird jede einzelne Kuh im Land von Geburt bis zur Schlachtung überwacht. Per Computerchips an den Ohren können uruguayische Rinder von der Geburt bis zum Teller verfolgt werden. Das System ist obligatorisch und weist jedem Tier einen Identifikationscode zu.
„Bpu Meat Uruguay“, die größte Fleischfabrik des Landes, beschäftigt mehr als 700 Arbeiter und verarbeitet täglich etwa 800 Kühe. Das Unternehmen profitiert von der wachsenden chinesischen Nachfrage. „Wir exportieren jedes Jahr etwas mehr als 40.000 Tonnen im Wert von rund 200 Millionen US-Dollar, wobei China bei weitem unser wichtigster Markt ist“, erklärt Camilo Giucci, kaufmännischer Leiter von „Bpu“. Laut dem „Instituto Nacional de Carnes“ ist das Volumen der Rindfleischexporte nach China im vergangenen Jahr um über dreißig Prozent gestiegen und Peking ist bereit, viel Geld für uruguayisches Fleisch zu bezahlen.
Deshalb muss Uruguay inzwischen bei seinen Nachbarn einkaufen. Die Rindfleischimporte wurden auf fast fünfzehn Prozent erhöht, Tendenz steigend. Die „Uruguayos“ sind sich der hohen Standards ihres Landes bewusst und sträuben sich vor dem Gedanken, importierte Asados zu essen. Aber die wirtschaftliche Realität macht ihren Stolz zu etwas, das sie zumindest vorerst schlucken müssen.
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