Die Staatsgrenze zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik verläuft quer durch den Graben von der Cul-de-Sac-Depression zur Enriquillo-Senke und über die vier Bergketten, die die Insel Hispaniola durchziehen. Sie steigt als „Grüne Grenze“ beidseits des Grabens steil bergan, hier bei Malpasse. Während des Cédras-Putsches durfte ein Drogenschmuggler sogar am Radio sagen, hier sei es selbst für seinen Hund ein Kunststück, über Nacht nicht Millionär zu werden. Die Grenze wurde und wird für Kinder- und Sklavenhandel, illegalen Übertritt von Grenzgängern und Wirtschaftsflüchtlingen, Drogenschmuggel und anderes missbraucht. Sie wurde immer wieder geschlossen, und immer wieder wurde geschossen.
Die Verdrängung der dominikanischen Arbeiter auf den öffentlichen und privaten Baustellen des Landes durch Haitianer habe Auswirkungen auf die dominikanische Wirtschaft. Hunderte ausgebildeter dominikanischer Facharbeiter fänden nur schwer einen Job, und Bauherren und Ingenieure bevorzugten ausländische Arbeitnehmer, was zu einer untragbaren Arbeitslosigkeit geführt habe. Laut Berichten würden von 10 Arbeitsplätzen, welche die Regierung neu schaffe, deren 9 von haitianischen Immigranten besetzt. Die unbekannte Dunkelziffer der illegal Eingewanderten und Papierlosen ist nicht erfassbar, und wenn man dies alles zusammenzählt, so bleiben wohl nicht mehr viele Arbeitsplätze übrig.
Das Problem ist allgemein bekannt. Alle „entwickelten“ Länder mit ihrem hohen Lohnniveau wirken als Magnet für Einwanderer aus armen Entwicklungsländern, die meist eine schlechte oder gar keine Ausbildung haben. Auch in der Schweiz, der Europäischen Union, in den USA und anderswo wird versucht, den wirtschaftlichen Migrationsdruck einzudämmen und die versuchte, „unqualifizierte“ Zuwanderung zu stoppen. Dabei gehen die Staaten nicht nur gegen die Wirtschaftsflüchtlinge vor, sondern auch gegen die zahllosen Unternehmer, die solche Schwarzarbeiter bevorzugt einstellen und so ebenfalls vom Sozialgefälle profitieren. Auch in der Dominikanischen Republik ist das nicht anders.
Hier scheint es auf den ersten Blick, dass nur von Dunkelhäutigen „geschuftet“ wird, der zweite Blick gelingt nur, wenn man einen Haitianer von einem sonstigen Schwarzen unterscheiden kann – und das ist in der Dominikanischen Republik besonders schwierig weil die Haitianer spanisch sprechen und ihre Herkunft verleugnen (man schämt sich Haitianer zu sein) – und erst ein dritter Blick gibt den Eindruck, dass nur Haitianer „schuften“ und die hellhäutigen Mulatten, die Dominikaner, nur befehlen oder anspruchsvolle, „saubere“ Arbeit leisten.
Das hängt natürlich mit dem schlechten Ausbildungsstand der Haitianer zusammen, die haben ja kein Geld für Ausbildung, weder in Haiti noch irgendwo im Ausland. Und durch die im Heimatland gewohnte allgemeine Arbeitslosigkeit sind die Haitianer schon mit äußerst bescheidenen Naturalleistungen oder „Löhnen“ zufrieden. Das fördert im Ausland den Lohndruck und an der Grünen Grenze, um darauf zurückzukommen, die illegale Einwanderung.
An der Grünen Grenze wurden allein 2008 über 26.000 Personen verhaftet, meistens illegale Haitianer.
In der Talsenke liegt der Grenzübergang von Malpasse. Er ist berüchtigt für seinen schlechten Ruf, fast monatlich macht er von sich reden. Im Dezember demolierten Terroristen einen Reisebus, verletzten einen Passagier und verlangten Lösegeld. Ich glaube, die ganze Aktion ist zusätzlich auf den Hass der Dominikaner gegen die Haitianer zurückzuführen, also rassistisch motiviert. Ich hoffe, die Präsidenten der beiden Staaten predigen nicht nur von Frieden und Freundschaft, sondern setzen ihre Reden in Taten um und helfen, die riesigen Unterschiede zwischen Süden und Norden, zwischen Reichtum und Armut, zwischen Spanisch und Kreolisch und zwischen Weiß und Schwarz endlich auszugleichen.
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