Wie beschrieben, ist der Drogentransfer einträglich und modern geworden. Von der eigenen, zum In-die-Luft-sprengen bestimmten Luftflotte und 30 supergeheimen Landeplätzen allein in Haiti bis zu modernen Unterseebooten à la James Bond habe ich schon früher erzählt.
Fast klassisch uninteressant, in jedem Fall veraltet, ist der Transport der Drogen per Motorboot auf die zahllosen kleinen Inseln, wo sie verteilt und umgeschlagen werden. Selbstverständlich spielen sich auf solchen Inselchen und in den Mangroven die meisten Dramen der kleinen Dieben ab, die stets versuchen, den andern kleinen oder auch den größeren Klauern die heiße Ware abzujagen.
Begreiflich, dass die Polizei sämtliche Privathäuser und Marinas – wie die Yachthäfen richtig heißen – auf solchen Inseln angezündet und verboten hat, wurde sie so doch zum Klauer Nummer 1 und beschlagnahmte das heimtückische Gift tonnenweise und legal; was damit weiter geschah, war in der Regel nicht mehr legal. Aber Haiti hat ja zum Glück heute eine moderne, effiziente Regierung. Und die muss sich damit befassen.
Es geschah noch in den letzten Jahren, ich glaube das habe ich noch nicht erzählt in meinen Geschichten. Eine Yacht im karibischen Meer verlor den Funkkontakt und die Orientierung, sie suchte die Küste auf, nahe von Aquin, 50 km von mir, um sich nach dem Standort zu erkundigen. Es soll sich um einen „offiziellen“ Drogentransport an den Staatspräsidenten gehandelt haben. Die Landbevölkerung war schlau genug um den Inhalt zu wittern, stürmte das Schiff und bemächtigte sich der weißen, wasserdicht plastifizierten Pakete. Sie verschwanden blitzschnell in Bauernhäusern und anderen Verstecken, ich kenne mich da nicht so gut aus.
Die Crew war in den Busch verduftet, und ein fahnentreues Mitglied fand per Funk die Polizei in der Hauptstadt. Der lokale Polizeimann flüchtete ebenfalls mit seinem Quantum. Unterwegs nach der Haupt- und Prinzenstadt begegnete er Hundertschaften seiner Kollegen, die zur Yacht unterwegs waren und dort in breit angelegten Razzien die ganze Gegend durchwühlten. Gleichgültig ob sie fündig wurden oder nicht, jedermann wurde natürlich verhaftet und in Gefängnisse überführt. Wie viel von den ergatterten Drogen schließlich den „legalen“ Weg gefunden hatten oder auch noch im unersättlichen Rachen der Schmuggeldrach landeten, habe ich nicht erfahren.
Ich weiß aber, dass der lokale Polizeimann nie mehr zum Dienst erschien, seinen Vorsprung nutzte und sich nach Miami absetzte und dort mit der Beute eine Bleibe erstand. Die Geschichte ist einige Jahre alt. Sie steigt in meiner Erinnerung wieder auf, weil ich einen Zeitungsartikel von heute in Händen halte. Auch die neuen Medien berichteten davon: gestern musste ein UN-Helikopter bei Faucher notlanden, etwa 10 Kilometer südlich von uns.
Trotzdem es nachts um 1 Uhr war, sammelten sich eine Menge Gaffer um den Hubschrauber und wurde immer dreister. Sie interessierten sich sehr für die weißen Kartonpakete in der Maschine, die wohl Hilfsgüter waren, aber der Pöbel glaubte natürlich, dass dies Drogen sein müssen, die wissen ja nichts anderes. Die Menschen mussten von den Blauhelmen mit Warnschüssen auf Distanz gehalten werden, wobei ein Einheimischer leicht verletzt wurde.
Im Gegensatz zur Yacht bei Aquin hatten die Blauhelme guten Funkkontakt, und in einem zweiten Hubschrauber kam unverzüglich Verstärkung und eine Mechaniker-Crew. Sie machte den lahmenden Vogel wieder startklar, sodass dieser tags darauf losknattern konnte.
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