Bildung in Haiti

schule haiti

Datum: 13. November 2009
Uhrzeit: 21:33 Uhr
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Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

schule haitiIn Haiti mangelt es an Schulen, Lehrmaterial und qualifizierten Lehrern. Da viele Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können, schicken sie ihre Kinder abwechselnd oder gar nicht zur Schule. Obschon da jedes Blättchen in den „normalen“ Ländern schreibt: „Haitis Hoffnung ist die Jugend.“…

Ein Beispiel von heute: Kinder entwickeln in einer Schule Radiospots, damit auch die Erwachsenen lernen, wie wichtig sauberes Trinkwasser und Hygiene ist (bravo!).

In Haiti geht jedes vierte Kind nicht zur Schule, das sind 500’000 Mädchen und Jungen, weil es zu teuer ist, oder weil die Verkehrsmittel und -wege fehlen. Oder auch zu teuer sind. Oder der Wohnort zu abgelegen. Wie die im nächsten Bild gezeigte Schule, die sogar staatlich ist, nur per stundenweiten Ritt von Tsavo aus erreichbar. Sie liegt im Bergland – und kostet Geld – die Lehrer arbeiten auch hier nicht ganz gratis – aber die meisten Menschen hier verdienen nichts. Wie viele Kinder (nach stundenlangem Fußmarsch) hierher finden und wievielte nicht, ist nicht eruierbar.

Und die hierher finden, die haben Glück. Wirklich. Denn die andern, besonders die Mädchen, die müssen arbeiten. Zum Überleben. In der Familie, im „Jardin“ (Agrarland), oder verdingt, bei einer andern Familie, oder verkauft, als Sklaven – in die Stadt, oder ins Ausland. Sogar in die „entwickelten“ Länder (ich verrate nicht welche, ich möchte ja noch weiterleben). Die haben immer noch Glück, denn sie wurden nicht getötet, oder gekocht und gefressen (oder sagt man dem „gegessen“?

Nirgends ist die Bildungssituation ähnlich dramatisch. Es gibt ein Schulobligatorium, aber keine unentgeltlichen, viel zu wenig öffentliche Schulen. Und diese sind für die meisten unerschwinglich, denn die Lehrer arbeiten ja auch hier nicht ganz gratis, und die Lehrmittel werden auch nicht alle geschenkt. Und das Land ist weitläufig, und es gibt so wenig Straßen und Verkehrsmittel, und wo es ein Tap-Tap (Verkehrsmittel) gibt, sind sie auch unerschwinglich. Für die Menschen, die meist nichts verdienen. „Und die Unterrichtsqualität soll so schlecht sein, dass die Kinder kaum etwas lernen“.

„Die UNICEF hilft in ländlichen Regionen und Slums einen guten Unterricht für 5.000 benachteiligte Kinder sicherzustellen.“ Die UNICEF und ein paar andere Organisationen tropfen also auf den heißen Stein, immerhin besser als nichts. Zehn Schulen werden dafür mit Tischen, Bänken und Tafeln sowie mit Trinkwasser ausgestattet.

Die Erwachsenen müssen aber nicht nur lernen, wie wichtig sauberes Trinkwasser und Hygiene sind, sie sollten auch lesen und schreiben lernen, und französisch, und vielleicht sogar englisch. Wunschdenken. Die Alphabetisierungsrate ist bei Frauen 50%, bei Männern 54%, andere Quellen schreiben 75 %. Die Wirklichkeit ist noch viel düsterer. Denn das Land ist weit und unerschlossen. Die UNO hat das richtig erfasst – es ist NUR mit Helikoptern zugänglich. Und die kosten 3- und 4stellig pro Minute, und es gibt ihrer zu wenig. Auch Flughäfen. Also müssen Flugzeugträger her. Flugzeugträger als Ersatz für fehlende Flughäfen sind auch nicht billig. Und bei den Haitianern die diese Kosten sehen, schürt das Probleme, etwa soziale. Sie betrachten das als Korruption und Diebstahl. Aber Super-Puma-Piloten und Flugzeugträger-Kapitäne (nur Beispiele) arbeiten auch hier nicht gratis. Und an der Bildungssituation ändert das nichts.

Nach dem Lesen und Schreiben-Können folgt das Sprechen. Das Babylon-Problem. Haiti ist zweisprachig. Überbleibsel aus der Herren- und Sklavenzeit. Die schmale Oberschicht spricht Französisch, die breite Masse Kreolisch. Etwa 1803 machte sich Haiti unabhängig, und die Probleme begannen sich zu potenzieren. Seit damals wird die Einführung der Mehrheits- und Landessprache Kréol in den Schulen postuliert. Um die „soziolinguistischen Hindernisse“ der sozialen Integration zu entfernen wurde 1979 eine Erziehungsreform durchgeführt, die das Kreolische („le patois ou la langue des analphabètes“) in den Schulen als gleichberechtigt mit dem Französischen einführen wollte. Ein Bericht schreibt, dass nur 3% bis 8% der Schüler beide Sprachen verwenden und in der Schule, zu Hause oder zur Korrespondenz verwenden. In den Privatschulen werde Französisch bevorzugt. Klar, ist ja auch das Reservat der „Edelhirsche“. Französisch bleibe auch die Sprache der Literatur. Ein anderer Bericht schreibt, 51,4% der Schüler verwenden ausschließlich Französisch, 44% Kreolisch in der Schule..

Jetzt kommt das Englisch. Sprache von vielen Millionen Ausland-Haitianern, in den USA, Kanada, der ganzen Welt. In der „Diaspora“. Auch in den Medien, vor allem im Internet, in den Anleitungen und Handbüchern von Werkzeugen und Technologien und in den Lehrgängen höherer Ausbildungen kommt keiner mehr ums Englisch herum. Aber auch in fortschrittlichen Kindergärten wird Frühenglisch gelehrt, gesungen, gespielt. Und weil Englisch ein Statussymbol ist, sprechen dich „Le Blanc“ (Weißer) auf der Straße Erwachsene wie auch Kinder jeden Alters mit ein paar aufgefischten „englischen“ Brocken an – und wenn du deine Muttersprache Deutsch sprichst, verwechseln sie dies ohnehin mit Englisch. Was tut’s. Für Kindergärten und höhere Ausbildungen reicht es den allermeisten ohnehin nie, das „Kob“ oder „César“ (Bares). Englisch lernen scheint jedenfalls die neue Strömung zu sein. Reklamebanner für Englisch-Kurse überspannen die Straßen,

…sind auf Hausmauern aufgemalt, finden sich an Autos, Bäumen und Sträuchern. Natürlich sind einmal mehr nur die Eliten, die „Edelhirsche“ angesprochen – die Millionenmasse ist nicht dabei.

Was tut’s, wenn man mich ausfragt und ich von meiner Wahlheimat erzähle, verwechseln viele meiner Landsleute (ich fürchte auch andere Europäer) „Haiti“ immer noch mit „Tahiti“. Und als ich in meiner („relativen“) Jugend in den USA einige Vorträge halten durfte (damals noch bezahlt, und erst noch auf deutsch !), haben einige Zuhörer die Schweiz auch nicht gekannt, mit Schweden verwechselt, oder erst erkannt wenn ich sagte, die Hauptstadt sei „Geneva“ oder „St.Moritz“…. So lernte ich zu lügen, ich käme von St.Moritz, und man verstand!!!

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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