Der Palast des Negerkönigs: Sans-Souci und Milot

Papi-Pferd

Datum: 17. Juli 2010
Uhrzeit: 16:29 Uhr
Leserecho: 1 Kommentar
Autor: Otto Hegnauer
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Milot ist ein geschichtsschwangerer, malerischer Ort im Département Nord von Haiti, 15 Kilometer südlich von Cap-Haïtien. In dem Ort wohnen heute 25’000 Einwohner. Im Süden des Ortes liegen im historischen Nationalpark die Ruinen des Palais Sans Souci, einst Residenz des haitianischen Königs Henri Christophe, denn Negerkönige gibt es normalerweise nur in Afrika und in kleineren Dimensionen.

Er aber hat es mit der größten Kelle angerichtet, ein Volltreffer ist ihm in den Kopf gestiegen, schon lange bevor er sich wirklich umgebracht hat. Schließlich ist es ja ein unglaublicher Erfolg, millionenweise Sklaven zu befreien, die schwerbewaffneten Franzosen zu vertreiben und gegen einen Napoleon anzutreten. Also hat er sich zu seinen Glanzzeiten eine standesgemäße Residenz gebaut, den glanzvollsten Palästen in Europa ebenbürtig. Nach einem Riesen-Erdbeben am 7. Mai 1842 ist der Palast bitter zerfallen, doch die Besichtigung ist immer noch mehr als interessant.

Christophe wurde als Sklave auf Grenada geboren und kam dann nach Santo Domingo in der Dominikanischen Republik, wo er sich in einem Hotelrestaurant die Freiheit erarbeitete. Das beliebte Märchen des armen Tellerwäschers in New York, der sich zum Millionär empor rackerte, war also schon im Haiti des 18.Jahrhunderts ( ff ) KEIN Märchen. Im Gegenteil, der kleine Henri wurde nicht nur Dollarmillionär, sondern sogar glanzvoller König.

Neben der Errichtung seines Wohnpalasts Sans Souci sorgte er für die Entstehung der Festung Zitadelle, weiterer Prachtbauten, die Etablierung eines von ihm ernannten Adels, die Schaffung eines feudalen Staats, eines Rechtssystems – den Code Henri, eines Schul-und Bildungssystems und anderer Meisterwerke. Trotz allem war er schlussendlich ein unbeliebter Herrscher, der einem Staatsstreich zuvor kam, indem er sich am 8. Oktober 1820 selbst erschoss, auch wieder standesgemäß mit einer silbernen Kugel. Seine Bauwerke in Milot aber wurden zu einem historischen Nationalpark des Landes und gingen sogar ein ins Kulturerbe der Welt, sodass sich heute die UNESCO ihrer annimmt.

Dazu gehören auch die militärischen Anlagen, Stallungen und Kasernen, die im Gegensatz zu den Festungen und Palästen 1842 komplett zerfallen sind. Es war das Hauptquartier einer ganzen Armee, der nicht ein Krieg, sondern eine Naturkatastrophe tausende von Menschenleben kostete. Hier mietet man auch die Pferde, um während Stunden die steilen Bergpfade zur Hauptfestung der Zitadelle hinauf zu reiten. Wenn man sich auf Maultiers Rücken durch die riesigen Ruinenfelder bewegt, wähnt man sich in einer Inka-Stadt, in einer anderen Welt.

Milot hat am 7. Mai 1842 zwar tausende von Menschen und seinen Palast verloren, aber im Gegensatz zur Schreckensstadt erwies sich hier das diesjährige Jahrtausendbeben als gnädig. Hingegen wurde dieses Jahr eine Luftbrücke eingerichtet, um die vielen Verletzten von Port-au-Prince hierher zu transportieren. Milot ist heute neben dem Albert Schweitzer-Spital eines der führenden Amputationszentren, in das jeden Tag arme Opfer aus der Prinzenstadt geflogen werden, wo sie behandelt und an entsprechenden Rehabilitations-Apparaten ausgebildet werden. Jeden Monat werden 150 der spezialisierten Chirurgen ausgewechselt, die Dimensionen sind unvorstellbar. Sicher auch die Kosten, und da gibt es noch schnodderige Schreiberlinge, die nicht erkennen welch unermessliche Leistungen die Hilfswerke vollbringen.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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