Am 1.August kracht’s in der Schweiz, Nationalfeiertag lautet das Thema. Dieses Jahr auch in Haiti, hier kracht’s zum Thema Präsidentschaftswahlen. Die Medien haben berichtet, dass sich der Rapper Wyclef Jean für die im November stattfindende Wahl bewerbe. Gemunkelt wird das schon seit Tagen. Und passen würde es zum Trend, Erfolgreiche aus dem Show Business noch höher emporzuhiefen. Und sie haben sich auch mehrheitlich bewährt, finde ich.
Nelust Wyclef Jean wurde am 17. Oktober 1972 in Croix-des-Bouquets, einem Vorort von Port-au-Prince geboren und besitzt einen haitianischen Pass, die Grundvoraussetzung für eine Kandidatur. Mit neun Jahren wanderte die Familie nach den USA aus, dort wurde er Musiker, Songwriter und Produzent. Er wurde raketenhaft berühmt und gilt als Lichtgestalt des gebeutelten Landes. Geld ist für ihn kein Problem mehr, gilt er doch als Reichster des ärmsten Landes der Erdhalbkugel, doch gewiss hat er es auch im internationalen Jet-Set auf die vordersten Plätze gebracht. So pflegt er mit einem Löwen zu spazieren. Konzerte, Alben, Singles, Filme und Fernsehauftritte sind seine Hauptarbeiten, die ihn eigentlich schon voll beanspruchen, bis heute.
Daneben findet der Rapper noch Zeit, sich für sein Heimatland zu engagieren. 2005 gründete er die Organisation Yele Haiti Foundation, die von seinem Bruder Sam Jean geleitet wird. Er gab Benefiz-Konzerte und stiftete in Sportstadien der zertrümmerten Hauptstadt Flüchtlingscamps, so in Pétion-Ville ( Foto ). Der UN-Sicherheitsrat hat Wyclef Jean zum Wanderbotschafter seiner Heimat Haiti ernannt. Er versucht kleine, überschaubare, aber effektive Projekte entstehen zu lassen und damit die langfristige Entwicklung von Haiti zu unterstützen.
Nach dem Erdbeben vom 12. Januar, bei dem 230.000 Menschen gestorben sind, hat sich Wyclef wie kaum ein anderer für seine Heimat eingesetzt. Bereits einen Tag nach der Katastrophe traf er aus New York kommend in der zerstörten Hauptstadt ein, um nach seiner Verwandtschaft zu suchen.
Nun will er ganz in die Politik wechseln und arbeitet an seiner Präsidentschafts-Kandidatur. Er erfüllt alle Voraussetzungen, ist haitianischer Staatsbürger und spricht kreolisch, französisch und englisch und kam vor ein paar Tagen nach der Prinzenstadt, um seine Fingerabdrücke in die Maschine zu scannen, offenbar gibt es jetzt wieder eine. Damit hat er alle notwendigen Unterlagen zusammen, die er bis 7. August einreichen muss. Wenn er die Hürden der Prüforgane überwunden hat, finden die Wahlen zur Nachfolge des noch amtierenden Präsidenten Rene Préval dann im November statt.
Sein politisches Engagement offenbart sich auch in seinen Liedern, so wenn er etwa singt „Ich will mit Pelikanen spielen, von hier bis Bagdad“ oder „Ready or Not“ – wenige Jahre nach dem zweiten Golfkrieg. Angelina, sagte Jean nun. Die Chancen, dass Jean gewählt würde, stehen gut. Der dreifache Grammy-Gewinner ist gerade unter jungen Haitianern sehr beliebt. Die Nachricht von Jeans möglicher Kandidatur löste unter den nationalen Politikern und im Establishment Unruhe aus. Sie fürchten seine Popularität und seine finanziellen Mittel, ist doch klar.
„Es ist wohl eine Mischung aus allem, „sagt Wyclef. „Ich versuche immer, die Hoffnung nie aufzugeben. Obwohl die Menschen vor Ort nichts besitzen, obwohl viele Kinder wegen all der Gewalt nicht älter als 25 Jahre werden, ist ihr Lebensgefühl ihre große Stärke. Sie tanzen, lachen und singen, obwohl sie eigentlich heulen müssten.“ Auch die UN-Botschafterin für Krisengebiete sagte nach ihrem Besuch, „Das ist das einzige Land, in dem ich trotz dieser schrecklichen Armut so eine Lebensfreude vorgefunden habe.“ Genau das ist in Wyclefs Augen der Ansatzpunkt, wo wir unsere Arbeit beginnen müssen.
Wyclef wird verunglimpft, böse Gerüchte werden gestreut, man weiß nicht von wem, und warum. Und vor allem nicht, ob sie stimmen. Wyclef sei in Zahlungsnot, er führe ein überschwängliches Leben, zu viele seiner Spendengelder bleiben in höheren Sieben stecken. Das war schon bei vielen Präsidenten so, auch anderswo. Sie erinnern sich.
Den Großmächten jedenfalls wird das gar nicht gefallen. Die Unbekannte ist, wie die wieder dreinreden, das tun sie ja immer. SIE wollten ja Demokratie, um jeden Preis. Bei den Wahlen durch Heerscharen überwacht. Aber wenn das Ergebnis anders rauskommt als gewünscht, reagieren sie nicht demokratisch, eher wie trotzende Kleinkinder. Ich erinnere an die Entführung des letzten Präsidenten.
Kleinkinder erfinden ihre eigenen Spiele. Auch für Wyclef dürfte es im November ein Kinderspiel sein, eine Mehrheit der jungen Wähler zu gewinnen. Der Großteil der Bevölkerung ist unter 26 Jahre alt und Wyclef-Fan, sie setzen sich für die Kandidatur des Musikers ein. Ein Problem werden eher die Älteren sein, die lieber Choralhymnen als Rapsongs mögen, das politische Anliegen dürfte zu einem Kultur- und Generationenproblem werden. Die Frage wird sein, welche Generation sich besser mobilisieren lässt. Sicher ist, dass es diesmal echte Wahlen gibt, mit einer rekordverdächtigen Wahlbeteiligung.
Ich wünsche Wyclef, den jungen Leuten und dem jungen Land, recht viel Glück.
ich las jetzt häufiger von der möglichen präsidentschaftskandidatur und dass wiclef jean hervorragende chancen hätte, da er bei den jungen haitianern sehr beliebt wäre und ein großteil der bevölkerung ja unter 26 wäre. die frage wieviele davon sind über 18 und dürfen wählen? wieviel prozent der bevölkerung machen die 18 – 26-jährigen aus?
ich möchte mich im übrigen für ihre berichterstattung bedanken. als halbe haitianerin, die noch onkel und tanten dort hat, die aber leider wenig vom alltag dort erzählen, sind Ihre artikel für mich immer ein guter gradmesser wie es in haiti zugeht und es den leuten dort geht.
ein cousin von mir, der schon seit jahrzehnten in brasilien lebt ist zzt gerade auf haiti. er erzählt in 2 sätzen, dass ihn erschüttert hätte dass die menschen dort sich mit der situation offenbar schon abgefunden hätten und die katastrophalen zustände bereits als normalzustand wahrnehmen.
Ihnen eine schöne woche, machen Sie es gut,
ariane gramelspacher
Liebe Frau Gramelspacher,
die Zahlen,. die Sie wünschen, hätte ich auch gern. Aber hier gibt es überhaupt nichts mehr, es bestehen kaum Schätzungen, und Wahlregister schon gar nicht. Die Dokumente die bestanden liegen unter Schutt, und die Wahlen müssen dieses Jahr Pseudowahlen sein, doch sie sind trotzdem nötig. Das Land braucht nichts dringender als endlich eine Regierung, die mehr oder weniger legitim ist.
Zudem können sich die meisten der Wahlberechtigten nicht mehr ausweisen, da die Wählerausweise, die Identitätskarten und andere Dokumente incl.. die Duplikate in den Archiven verschwunden sind. Die Identität vieler Menschen ist nicht mehr nachweisbar. Für die Erstellung solcher Dokumente werden meist je 100 US$ verlangt, die meisten haben aber überhaupt kein Gekd.
Guter Rat ist teuer; auch ich kann – wie jedermann – nur hoffen und abwarten.
Mit freuindlichen Grüssen
Otto Hegnauer