Trotzdem, diese Wahl hat es in sich, ganz gleich wie sie auch ausgehen mag. Sie hat das haitianische Volk aufgerüttelt, politisiert. Zum ersten mal in der Geschichte des Landes, im Lande der Wunder, ist eine Regierungsgemeinschaft im Gerede, mit Mirlande Manigat als Präsidentin und Jude Célestin als Premierminister. Es scheint dass die nächste Legislaturperiode von der Inite-Partei von Jude Célestin dominiert wird. Die angestrebte Regierungsgemeinschaft mit Frau Manigat würde mangels jeglichen Bürgersinns ein gefährliches Pulverfass darstellen, sind es doch die Initi-Partisanen, die immer wieder für Gewalt und Unduldsamkeit verantwortlich waren. Wenn wir die Schiedsverfahren und die Ungesetzlichkeiten des Wahlrates dazu addieren, gelangen wir direkt zu politischem Räubertum und Wegelagerei und zu den Querschlägern der MINUSTAH, kurz zum akuten Reformstau des Landes.
OEA und MINUSTAH sind daran, die haitianisch-politische Zeitbombe weiter aufzurüsten, indem sie dem Volk eine demoligarchische Pille, in einer falschen demokratischen Kapsel versteckt, zu schlucken geben. Hoffentlich ist die Folge nicht ein erneuter Rückfall bis in den Urknall.
Indem die MINUSTAH einen demoligarchischen Prozess ablaufen lässt, um damit einen Gesichtsverlust zu vermeiden und die Illusion einiger Fortschritte seit 2005 schweben lässt, steuert sie geradewegs auf ihr Waterloo zu, in dem hoffnungslosen haitianischen Sumpf. Hätte sie nicht besser ihre Energien investiert in eine Neuauflage der Erfahrungen mit den großen Infrastrukturprojekten und der Modernisierung unter der amerikanischen Besetzung, aber diesmal ohne die erfolgte Brutalität und Rohheit?
Stattdessen hat es die MINUSTAH vorgezogen, sich auf die kreolische Oligarchie einzutrimmen. Mit dem Risiko des anhaltenden Verdachts, die Cholera eingeschleppt zu haben und die Tonangeber bei der Unterstützung der prévalienensischen Demoligarchie zu sein. Und das um sich nur noch im Hinblick auf den 12. Januar zu verwirklichen, übersehend, dass nachher ein neues, komplexeres Haiti auftauchte, mit einer neuen, verzwickten und zersplitterten Sozialgeographie. Allerdings eine vierdimensionale Geographie, ersetzt in der sozialen Ecke durch eine dreidimensionale.
Zur traditionellen Dualität „Stadt“ und „Land“ gesellten sich seit 1986 die Bidonvilles von Aristide, und jetzt gibt es noch die Zeltstädte und Flüchtlingslager mit ihren Ängsten, Seelenqualen, Demütigungen, Aggressionen und ihrer Verzweiflung. Fas à Fas von Wyclef Jean verkörperte noch Hoffnung für die Jungen und die Bewohner der Bidonvilles, die Obdachlosen in den Zelten und Holzhäuschen der Hauptstadt, und Fanmi Lavalas von Jean-Bertrand Aristide bedeutete soziales Heil. Trotzdem, die Zwei haben sich geopfert auf dem Altar der Demoligarchie, die weiterleben wird als „Wahl vom 28. November“.
Die Demokratie und die höheren Werte des Volkes wurden fürchterlich verspottet und das mit der Komplizenschaft des Sicherheitsrates, der sie eigentlich schützen sollte. So gesehen erscheint die MINUSTAH eher ein Teil des Problems zu sein, als dessen Lösung. Im Namen einer Ethik der Gemeinschaft und Menschenwürde hätte die MINUSTAH die Rückkehr zur Schwelle der Menschlichkeit zugunsten von über einer Million Obdachlosen bevorzugen müssen. Welch ein übertriebener Aufwand der UNO seit 2005- für so klägliche Ergebnisse, für die Millionen von Betroffenen. Die Bilanz von Kanada ist nicht besser als die von Haiti, dem Nachbarland der Dominikanischen Republik. Trotzdem wollen wir fortfahren und der UNO helfen, die Wiederholung derselben Fehler zu vermeiden: Lesefehler, Ermessensfehler, Diagnosefehler, Rezeptfehler inkl. Nothilfe und Linderung. Die Wahlen vom 28. November sind ein Beispiel dieser historischen Fehlentscheide.
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