Das Klima spielt verrückt, sogar in Haiti. Eigentlich bin ich doch einst auf die Insel gezogen, um dem grimmigen Klima meiner damaligen Schweizer Heimat zu entfliehen. Und jetzt hat es mich tatsächlich eingeholt, wenigstens beinahe. Ich befinde mich zwar im „Hochgebirge“ auf rund 500 m Höhe, aber hinter mir geht es nochmals 2000 m aufwärts – kaum zu glauben, dass es dort oben nie gefrieren soll. Gletscher hat es zwar noch nie gegeben, das sieht man an den Landschaftsformen, und so bleiben die Bodenständigen wenigstens vom Schweizer Problem des Gletschersterbens verschont. Das Land kennt ja sonst noch genügend Probleme.
Andere Probleme auch als langfristige Klimareihen und ähnliche Tabellen zu erstellen. Ich merke auch so, dass sich das Klima verändert, und zwar empfindlich. Die ersten zehn Jahre hatte ich, gelegentlich zu Schweizer Ferien zurückgekehrt, vor dortigen Freunden noch geprotzt, wie ich In Haiti das ganze Jahr über im Freien schlafe, zum Regenschutz nur unter dem Dach meiner großen Terrasse, vor zu neugierigen Mücken geschützt durch ein Leintuch, im übrigen im Adamskostüm, denn da galt doch kein „Tenueschlauch“.
Dann, vielleicht vor zehn Jahren, musste ich mich allmählich „einschalen“ und mich dann sogar ins Hausinnere verziehen. Ich hatte ja schließlich seinerzeit Schlafzimmer gebaut und möbliert, und die sollten doch auch für etwas nütze sein. Und schließlich kam das Türmli dazu, und dann die Schwarzen Berge.
Und heute, an Weihnachten 2009, mitten in der tropischen Trockenzeit? Ich liege im Bett, eingehüllt in Kleider und Decken, fast den ganzen Tag, weil es dort am wärmsten ist. Und die Einheimischen hier, die finden es zwar angeblich nicht kalt, aber sie hocken doch alle um ein Feuer oder um einen „Herd“ und spreizen die Finger über die Glut. Ich kann nicht heimfahren nach Gressier, denn es regnet seit gestern, Tag und Nacht, und unten sei alles unter Wasser. Und der Wind heult recht aggressiv um die Ohren, sodass sich ein Windsack erübrigt. Und nur noch das Bett übrig bleibt, frohe, tropische Weihnacht!
Meine friedliche Weihnachtsstimmung ist aber nicht wegen der grimmigen Kälte in Gefahr, sich zu verflüchtigen, sondern wegen der Knallerei rundum, wie an einem Schweizer 1.August. Die ständigen Aufrufe am Fernsehen, die an sich verbotene Knallerei zu Weihnacht zu unterlassen, verhallen ungehört, und die schöne christliche Musik aus allen Kirchen geht im Konzert der Knallfrösche unter. In der Fremde muss man sich eben auch an unangenehme Sitten gewöhnen.
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