Aber der Sicherheitsrat kämpft in den vergangenen Tagen zunehmend gegen Schluckauf. Etwa, weil Aristide erklärte, still mitregieren zu wollen. Zum andern macht ihm die Einigkeit Probleme, mit der die haitianische Präsidentschaft mit ihrer Entourage incl. Opposition und ehemaligen Präsidentschafts-Kandidaten, Mirlande Martelly und andere, den Abzug der Welttruppen fordern, wieder eine eigene Armee einführen möchten und für ihre Sicherheit selber kämpfen wollen. Wobei ich keineswegs ausschließen möchte, dass auch für diese Entwicklung das ungeschickte Verhalten der Eindringlinge verantwortlich ist. Und ob so viel Unverstand profitiert natürlich, wer auch nur kann.
Dann das Problem, dass der erfolgte Mehrheitsentscheid gar keiner ist, beziehungsweise nur der Mehrheit einer gemachten Wählerschaft entspricht, die in Wirklichkeit eine unbedeutende Minderheit des Volkes darstellt. Und dass die tatsächliche Mehrheit, vor allem in Form der verbotenen Partei Lavalas, langsam aber sicher ans Licht drängt.
Da ist auch ein unbekannt großer oder kleiner Teil des Volkes, welcher die Demokratie nicht mehr will, weil sie ihnen verleidet ist. Sie wollen die Diktatur zurück und den Hunger, die Cholera, die UNO und die ganze Politik weit weg haben – die Kräfte haben versagt. Ausländische Medien meckern zu Recht, der neue Präsident hätte in Wirklichkeit nur 17 Prozent Unterstützung, 50 Prozent seien politische Mache. Die jüngsten Wahlgänge in Haiti hätten Legitimitätsprobleme- und zwar massive.
Die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde lag nur unwesentlich höher als bei der ersten, in der sie mit 23 Prozent angegeben wurde. Von knapp vier Millionen Wahlberechtigten haben damit nur rund eine Million eine gültige Stimme abgegeben. Für Martelly stimmten demnach gerade einmal 17 Prozent der Wahlberechtigten.
„Dabei erreicht Martelly zumindest prozentual einen vergleichbaren Sieg wie 20 Jahre zuvor der erste nach der Duvalier-Diktatur demokratisch gewählte Präsident Aristide, der allerdings bereits im ersten Wahlgang 67 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte. Damals lag die Wahlbeteiligung zudem bei 80 Prozent. … Man darf gespannt sein, mit welchen Lösungen der neue Präsident, der sein Amt am 14. Mai antreten wird, gegenüber den rund 800.000 Obdachlosen aufwarten wird.“
Sweet Micky hat es auch ohne Haare auf dem Kopf zum König des Kompa und dann zum Präsidenten von Haiti gebracht. Als solcher aber wird er nun Haare zwischen den Zähnen brauchen- und die wachsen schlecht. Denn er wird nicht nur gegen eine deutliche parlamentarische Mehrheit der früheren Regierungspartei „Inite“, sondern auch gegen die große Mehrheit der Skeptiker und Nichtwähler regieren müssen. Diese Mehrheit setzt sich aus verschiedenen Gruppen zusammen, vor allem aus den ausgeschlossenen Kräften, so der Mehrheitspartei „Lavalas“ von Aristide. Ebenfalls aus Enttäuschten, die ihre Wahllokale zu den gegebenen Zeiten nicht mit Wahlmaterial bestückt, nicht offen fanden oder aus den entlegenen Berglagern nicht erreichen konnten, oder die unbekannte Zahl der Diktaturanhänger, die nach all den Erfahrungen auf Demokratie pfeifen. Dass auch Aristide von hinter den Kulissen seine Fäden ziehen und „still mitregieren“ will, vermag die Situation nicht zu beruhigen und könnte vor allem wieder seine alten Gegner ins Leben rufen. Jedenfalls hat mit Aristide wieder ein politisches Schwergewicht die Bühne betreten, das für Überraschungen sorgen könnte.
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