Hauptattraktion ist in jeder Hauptstadt der Welt das Parlamentsgebäude, wie wenn dort kluge Entscheide gefällt würden. Es ist der Hohe Tempel der Korruption und der legalen Verbrechen, in Haïti die Residenz der 70 Tyrannen und Despoten, die sich seit 1806 an die Macht putschten und mit dem Staatsvermögen ihre Privattaschen vollstopften. Hier wurde und wird Geschichte gemacht. Der Regierungspalast liegt auf dem Champ de Mars, Stadtplatz nach dem berühmten Vorbild in Paris.
Rundum sind den Staatsgründern und als „Helden“ gefeierten Hauptausbeutern Denkmäler gesetzt, deshalb nennt man das Marsfeld auch „Platz der Helden“. Wie es sich gehört, defilieren sie hier hoch zu Pferd am Fussvolk vorbei, das sie suffisant von hohem Sockel herabgrüssen. Zuerst Jean-Jacques Dessalines, 1804 bis 1806, der erste Kaiser von Haïti.
Nach Kaiser Dessalines, im Hintergrund der Tour de Bicentenaire, folgte 1806 bis 1820 Henri Christophe. Eine Nummer kleiner als Dessalines hatte er es nur noch zum König „Heinrich I.“ gebracht und herrschte über den Norden Haïtis. Der unbeliebte Herrscher kam einem Staatsstreich zuvor, indem er sich 1820 mit einer goldenen Pistole und einer silbernen Kugel selbst erschoss. So versuchte er seinen Namen zu vergolden.
Alexandre Sabès Pétion machte sich seinen Namen durch eine Rebellion gegen Toussaint L’Ouverture um 1790, und 1802 eine erneute Invasion mit 12000 Mann unter dem Kommando Charles Leclerc, deren Ziel die Absetzung Toussaints war. Von 1807 bis 1818 herrschte Pétion über den Süden Haïtis, sodass das Land zweigeteilt war. Nach seinem Namen wurde der Stadtteil der Noblen hoch über dem Prinzenhafen, „Pétion-Ville“ benannt.
Das Marsfeld ist nicht nur eine Sammlung versteinerter Helden, sondern auch anderer Monumente. So hat hinter dem Museum und Pantheon-Denkmal Aristide einen pyramidenförmigen Turm geschaffen, dessen Sinn niemand so recht versteht. Der Tour de Bicentenaire ( Turm der 200-Jahrfeier ) wurde offiziell zur 200-Jahr-Feier des Staates Haïti geschaffen und war als Aussichtsturm für die Öffentlichkeit eingerichtet, statt eines Mini-Eiffels ein Mini-Aristide. Da der Abgang des einstigen Armenpriesters und ersten demokratisch gewählten Staatspräsidenten polarisierte und eher unrühmlich verlief, waren auch dessen Status-Symbole zwielichtig und sollten gar, wie in der Kultur-Revolution, vernichtet werden. Dem Tour de Bicentenaire blieb dank wehrhaften Kulturfreunden dieses Schicksal erspart, er durfte aber nie eröffnet werden.
Status-Symbol Aristides auch die Springbrunnen und Wasserspiele, die so sehr gepflegten Kinderspielplätze dass die Kids Angst haben sie zu betreten, und die saftiggrünen Rasenflächen, auf denen sich Studenten zur Pause niederlassen, bevor sie weiterrandalieren.
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