Haiti: Wir beginnen mit dem Bau der Ecole „Soleil sur Montagnes Noires“

Provisorium-ohne-Dach

Datum: 20. Oktober 2011
Uhrzeit: 11:45 Uhr
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Autor: Otto Hegnauer
Sprachkurs Spanisch (Südamerika)

Haïti ist ein Zauberland, in dem gestohlen und gemordet wird, aber auch Wunder geschehen. Die Leser meiner Geschichten, die ich hier seit Jahren schreibe, wissen das und sind mit mir einig. Seit dem Goudou-goudou erst recht, so nennen die Haïtianer das schreckliche Beben vom 12. Januar letzten Jahres.

Ich will ja nicht meine Nachbarn kritisieren, die am Hang NOCH weiter oben wohnen und jenseits der Schlucht, wo ein richtiges „Château“ besteht, das diesen Namen verdient und begüterten Gästen als Hotel dient, vor einiger Zeit unter anderem dem berühmten Papa Doc, dessen Heimwehtränen bisher gar nichts brachten. Hier wohnen lauter Millionäre, von denen es mehr geben soll als in der Schweiz, und die Kaffeeschlürfer, die immer noch nicht wissen, was zu tun sei. Sie lassen die Armen indessen sterben, dann wird alles einfacher.

Und meine Leser wissen es seit langem: zu denen (den Schlürfern) gehöre ich nicht. Sie wissen, dass ich meine spitzen Zähne gewetzt habe und Bücher schreibe, und hie und da haben sie mich ja auch besucht, hier im Paradies, allerdings eher als mein grosses, gastfreundliches Haus am Meer noch stand. Jetzt haben mich ehemalige Hausangestellte in ihr einfaches, einheimisches Heim aufgenommen, das ich liebevoll „Bergburg“ nenne, wohl aus einer Mischung von Sarkasmus und Nostalgie. Ich könnte ja zurückkehren in die Schweiz, aber dass das das letzte ist, was ich tun würde, habe ich schon in Deutschland am Fernsehen erklärt.

Melissa hat sich indessen im Quartier klug gemacht und geschaut, wie viele Kinder das betrifft. Sie hat gleich die Geburtsurkunden der Betroffenen eingesammelt und es auf deren 50 gebracht. Meine Freunde wissen, dass ich nicht ohne Ideen oder Projekte leben kann. Die gehören zu mir wie mein Atem. Otto, jetzt weisst du wieder einmal, wo es geschlagen hat. 50 Kinder ohne Schule, Melissa meint, es seien noch viel mehr. Die Schule ist von der Idee zum Projekt geworden, vom Zündfunken zum Flächenbrand.

Die Mütter wollen eine Schule für ihre Kinder, mit oder ohne Hilfe; der Taptapfahrer Joseph stellt sein im Bau befindliches Wohnhaus für zwei Jahre zur Verfügung, das hat er vertraglich zugesichert. Bis dann ist Zeit zum Weitersehen. Das Haus steht fast unten am Schluchtgrund, mitten im Quartier Lakou-mango („der Hals mit dem Mangobaum“). Meine Altersrente von der Schweizer AHV (Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung) ist ohnehin schon am Bersten, jetzt muss sie noch für Stempel, ein Wasserfass und allerhand Kleinkram herhalten, der für so eine Schule nötig ist, aber für Lehrerlöhne wird sie nicht reichen, auch wenn die Lehrerinnen für einige Zeit ohne Honorar arbeiten wollen.

Die zu erwartenden Tantiemen aus meinen Büchern sind schon an Geschädigte vergeben, aus jedem Buch an eine andere Person. Auch meine übrigen, bescheidenen Mittel sind bereits für Erdbebenopfer disponiert, mich selber ausgenommen (ich habe ja überlebt). Mit Verpflichtungen für eine spätere Schule habe ich wahrhaft noch nicht gerechnet, vielleicht helfen mir da ein paar Leser.

Meine Idee wären Trägervereine in verschiedenen Ländern, mit Statuten, Bankkonti und anderer Bürokratie, vielleicht helfen mir auch da ein paar Idealisten. An solchen Arbeiten bastle ich gerade; es ist besonders schwierig, weil man in „rechten Landen“ zu dieser Zeit in den Ferien weilt, vielleicht ausgerechnet auf der Insel aber nicht erreichbar. Und vor ein paar Tagen haben die Frauen doch bereits mit ihrer Schule begonnen …

Noch beschäftigen sich andere mit der Reinigung der Schule von Unkraut und Pflanzen, zwei Toiletten müssen her – rundum herrscht Cholera, in jedem Haus – , eine Tafel, und Möbel. Die Mütter sind so erpicht auf die Schule, dass sie offerieren, die Knirpse könnten ja ihr Sitzmöbel von zuhause mitbringen … Schon mit einer kleinen Spende könntet ihr helfen, dass unseren Knirpsen nicht noch Stuhlbeine aus den Köpfen wachsen.

Fast muss ich befürchten, dass jetzt X-Schulen aus Europa Tafeln und Schulmöbel schicken. Die wären zwar nützlich hier, würden uns aber ungeahnte Probleme bringen, denn das Land lebt von den Zolleinnahmen und die Zöllner sind unerbittlich. Und auf die Streitereien mit den Bürokraten wegen Zollbefreiungsversuchen und so kann ich verzichten, da habe ich ZU viel Schlimmes gehört von ähnlichen Versuchen.

Mein Schweizer Freund Hansi gehört nicht zu den Spendengeiern. Er hat mit seinem Hilfswerk schon viel Gutes geleistet und grosse Projekte durchgezogen, so in Sachen Wasserversorgung und andere. Vor 3 Monaten sei sein Container voll Werkzeugspenden aus der Schweiz eingetroffen, der blieb am Hafenzoll hängen. Die lassen die Hilfsgüter nicht wie versprochen zollfrei ins Land, da die geforderte staatliche Anerkennung der Stiftung noch fehle, und so sind die Standgebühren seit damals bereits auf 19.000 USD angewachsen. Die holen das Geld wo sie welches vermuten, für andere Zwecke, macht nichts. Ähnliches habe ich schon mehrmals gehört. Und ich möchte Ähnliches vermeiden. Deshalb bitte, Geldspenden über die Bank sind sehr erwünscht und erbeten, aber Naturalien, bitte lieber nicht! Die können hohe Kosten bringen!

Natürlich haben wir schon Hilfswerke angefragt, in „allen“ Sprachen. Für Spenden von Naturalien, die schon in Haïti sind und nicht mehr verzollt werden müssen. Als bekannter Optimist bin ich überzeugt, dass wir welche finden, die nicht nur Kaffee trinken. Ich werde hier, und an anderen Stellen, bestimmt wieder darüber berichten. Stets gemäss meinem Motto: Schmunzeln bringt Leben, Weinen den Tod.

Spenden sind dringend erbeten. Jeder Franken kommt der Schule für arme Kinder zugut! Im Moment noch für eine Dachplane, ein WC, ein Wasserfass, eine Wandtafel, Stühle, später auch für Bücher, Bleistifte und bescheidene Lehrerlöhne:

Raiffeisenbank Flums CH 8890-Flums (Schweiz) Postscheckkonto 70-2295-0 Bankkonto 44515.15 „HaitiSchule“

bei internationalen Einzahlungen: BC-Code (Bankclearing): „81267“ SWIFT Code: „RAIFCH22“ IBAN Code: „CH30 8126 7000 0044 5151 5“

Sehr herzlichen Dank!
Prof.Dr.Angela Knauer, Dirk Knauer, Otto Hegnauer, Melissa Charles und die Kinder und Mütter aus der Schlucht von Lakou-mango.

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Die exklusive Haiti-Kolumne im latina press Nachrichtenportal von Otto ‚Swissfot‘ Hegnauer. Der ehemalige Lehrer lebt seit mehreren Jahrzehnten auf Haiti und berichtet exklusiv von seinem täglichen Leben auf der Insel Hispaniola.

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