Nicaragua: Ortega-Regime verschärft Druck auf Kritiker

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"Reporter ohne Grenzen" (RSF) verurteilt die jüngsten Repressionen gegen Journalistinnen und Journalisten sowie regierungskritische Stimmen in Nicaragua aufs Schärfste und fordert das Ortega-Regime auf, seine Angriffe auf die Pressefreiheit unverzüglich zu beenden (Foto: Archiv)
Datum: 03. Juni 2021
Uhrzeit: 11:32 Uhr
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Autor: Redaktion
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„Reporter ohne Grenzen“ (RSF) verurteilt die jüngsten Repressionen gegen Journalistinnen und Journalisten sowie regierungskritische Stimmen in Nicaragua aufs Schärfste und fordert das Ortega-Regime auf, seine Angriffe auf die Pressefreiheit unverzüglich zu beenden. Die Organisation ist zutiefst besorgt über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen im beginnenden Wahlkampf vor den Wahlen am 7. November. Unter anderem wurden die Fernsehredaktionen Esta Semana und Esta Noche des regierungskritischen Journalisten Carlos Fernando Chamorro durchsucht. Gegen seine Schwester, die Journalistin und Kandidatin im Präsidentschafts-Vorwahlkampf Cristiana Chamorro, wird wegen angeblicher Geldwäsche ermittelt.

„Die Attacken auf die Chamorro-Geschwister sind ein durchsichtiger Versuch, regierungskritische Stimmen mundtot zu machen und jegliche Herausforderung von Präsident Ortega im Wahlkampf zu unterbinden. Dabei macht das Regime auch nicht vor Medienschaffenden Halt, die nur mit den Chamorros zusammenarbeiten oder über sie berichten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir fordern den nicaraguanischen Staat und insbesondere Präsident Daniel Ortega auf, alle Angriffe auf unabhängige Medien zu unterlassen und die körperliche und psychische Unversehrtheit von Journalistinnen und Journalisten zu gewährleisten.“ Die nicaraguanische Polizei führte am 20. Mai eine Razzia bei den Fernsehredaktionen Esta Semana und Esta Noche durch, die von dem regierungskritischen Journalisten Carlos Fernando Chamorro geleitet werden. Mehrere Medienschaffende wurden aufgrund ihrer Berichterstattung über die Razzia behindert oder festgenommen. Im Dezember 2018 hatten die Behörden bereits eine Razzia in der Redaktion von Chamorros Nachrichtenmagazin Confidencial durchgeführt und die Ausrüstung beschlagnahmt. Chamorro ging daraufhin Anfang 2019 nach Costa Rica ins Exil. Nach fast einem Jahr kehrte er Ende 2019 nach Nicaragua zurück.

Chamorro sagte nun in der Radioausgabe von Confidencial, dass sich zum Zeitpunkt der Razzia ein Kameramann, Leonel Gutiérrez, in der Nachrichtenredaktion befand. Dieser wurde von der Polizei mitgenommen und in ein Gefängnis in der Hauptstadt Managua gebracht, das die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IACHR) wiederholt als Folterzentrum angeprangert hat. Dort blieb er sechs Stunden lang bis zu seiner Entlassung. Die Zahl der Angriffe auf die unabhängige Presse hat sich in Nicaragua seit den Massenprotesten vom April 2018 vervielfacht: Einschüchterungen, Drohungen, Beschlagnahmungen von Ausrüstung, Durchsuchungen ohne Durchsuchungsbefehl, Verknappung von Zeitungspapier und willkürliche Verhaftungen sind für die Medien zum Alltag geworden. Immer mehr nicaraguanische Journalistinnen und Journalisten sind Schikanen und sogar Todesdrohungen ausgesetzt und werden ins Exil gezwungen.

Vorwürfe der Geldwäsche gegen Oppositionelle

Die Razzia steht in Zusammenhang mit Ermittlungen wegen angeblicher Geldwäsche gegen die Journalistin Cristiana Chamorro, die Schwester von Carlos Fernando Chamorro. Sie hatte vor kurzem in Aussicht gestellt, bei den im November anstehenden Präsidentschaftswahlen möglicherweise als Kandidatin anzutreten. Anschuldigungen beziehen sich auf ihre ehemalige Tätigkeit als Geschäftsführerin der Violeta-Chamorro-Stiftung, einer Nichtregierungsorganisation für die Verteidigung und Förderung der Pressefreiheit in Nicaragua, die nach Cristianas Mutter benannt ist, die von 1990 bis 1997 Präsidentin Nicaraguas war. Auch die Büros der Stiftung wurden am 20. Mai durchsucht. Im Februar hatte die Stiftung ihre Tätigkeit in Nicaragua aufgrund des kurz zuvor in Kraft getretenen Gesetz über die „Regulierung ausländischer Agenten“ eingestellt.

Das international kritisierte Gesetz, das im Oktober 2020 vom nicaraguanischen Parlament verabschiedet worden war, verpflichtet Nichtregierungsorganisationen, Medien sowie Journalistinnen und Journalisten, die Geld aus dem Ausland erhalten, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren und regelmäßig über die erhaltenen Mittel und deren Verwendung zu berichten. Laut der sandinistischen Regierungspartei FSLN von Präsident Ortega soll das Gesetz ausländischer Einmischung in Nicaragua entgegenwirken. Internationale Organisationen wie auch RSF kritisieren indes, dass das Gesetz einen Rechtsweg für das Regime eröffnet, um die Arbeit unabhängiger Medien im Land noch mehr zu kontrollieren und einzuschränken als zuvor.

Die Vorwürfe gegen Cristiana Chamorro werden auch missbraucht, um gegen andere Journalistinnen und Journalisten vorzugehen. So wurden mindestens neun Medienschaffende wegen angeblicher Verbindungen zur Geldwäsche durch die Violeta-Chamorro-Stiftung von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeladen. Unter ihnen befand sich die Journalistin Maria Lilly Delgado. Danach erzählte diese, dass ihr bis zu ihrer Ankunft bei der Staatsanwaltschaft mitgeteilt wurde, dass sie als Zeugin vorgeladen sei. Als sie aber auf die Anwesenheit ihres Anwalts bestand, wurde ihr klargemacht, dass sie von der Zeugin zur Angeklagten werden könnte, sollte sie weiter darauf bestehen.

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