Natürlich bin ich hingefahren, nach Labadee, um das Wunder zu bestaunen. Aber das ist nicht so einfach, es scheint dass die halbe Welt auch kommen wollte. Es begann schon Sonntag , wir wollten mit dem eigenen Pickup fahren und das misslang, weil der Mechaniker das Fahrzeug nicht fahrbereit stellte wie versprochen, so suchten wir Platz in einer Maschine von Tortug‘ Air, der lokalen Fluggesellschaft. Die gewünschten Kurse waren ausgebucht, wir fanden nur noch Platz in einer Maschine von Mittwochabend. Aber in der Nacht waren wir hier, in Cap Haitien.
Wir stürmten das erstbeste Taxi, bestückt mit zwei Chauffeuren, alles in weiser Voraussicht. Denn der eine telefonierte unterwegs in sämtliche Hotels, aber alle behaupteten vollmundig ausgebucht zu sein. Ich verlangte von allem Anfang an ins „Mont-Joli“ gefahren zu werden, weil ich das seit 20 Jahren kenne. Die Chauffeure wollten für uns anders entscheiden, da unser Wunschziel ausgerechnet das teuerste sei. Das gepaart mit Zuverlässigkeit und allem was wir als „Qualität“ und „Leistung“ bezeichnen, war immer noch besser als im Abfall auf der Straße zu schlafen. Unterwegs überholte uns zu allem Unglück noch ein anderes Taxi, und wir lieferten uns ein Rennen durch die schmalen Gassen von Cap-Haitien, natürlich mit Ziel „Mont-Joli“. Doch wir kamen an.
Jetzt begann die Schlacht an der Rezeption. Da half auch nicht Korruption und keines der haitianischen Hausmittel. Die beiden netten Damen erkannten mich noch, nach 5-10 Jahren, denn ich war schon mit anderen Journalisten, dem Deutschen Fernsehen und einmal mit etwa 14 Klassenkameraden und anderen Besuchern hier; es hat sich gelohnt, immer im gleichen Hotel abzusteigen, denn ich hatte Vorschuss-Lorbeeren.
Zuerst stellte uns die eine Dame großzügig und ausnahmsweise ein Zimmer für die erste Nacht zur Verfügung, über den Preis spreche ich nicht, aber am nächsten Tag mussten wir unbedingt für uns selber sorgen. Für das erste waren wir befriedigt, denn die Nacht rückte voran, und der Direktor war ausgegangen.
Am nächsten Morgen suchte ich ihn, um die Damen zu entlasten, die hatten ja alles getan was sie konnten. Es war leicht festzustellen, dass das Hotel völlig leer geblieben war; es dürfte sich wohl um das Verbot jedweder Belegung handeln, wie man es vor Eintreffen von Staatspräsidenten zu handeln pflegt. Der Manager erkannte mich und setzte sich sehr ein, wir besprachen unsere weiteren Pläne. Wohl bei allen anderen Hotels dasselbe – wie vor 50 Jahren schon in Marokko erlebt.
Er schlug vor, mir auswärts ein anderes Hotelzimmer zu suchen für die nächste Nacht, und mich hinzubringen und wieder zu holen, in der zweitfolgenden könnte er mich wieder beherbergen. Was will man, wenn man am kürzeren Hebel sitzt, ich war einverstanden.
Indessen hatte sich Melissa erfolgreich um ein Taxi bemüht, die einzige Autopiste nach Labadee ist trotz Stundenaufwand kaum begehbar. Unterwegs kreuzten wir Dutzende schwerer Schützenpanzer und Hunderte schwerbewaffneter Blauhelm- und Polizeiposten, so bestätigte sich unsere Theorie eines Präsidentenbesuchs. Nach Ankunft stellten wir fest, dass an ein Durchkommen nicht zu denken war, denn der Tourismusminister hatte vor einer Woche versäumt, mir die versprochene Zulassung zu bringen, und eine flugs bestellte „Audienz“ beim Sicherheitschef war das Letztmögliche, und der war flankiert von Schwerstbewaffneten aus aller Herren Länder.
Seit dem letzten Besuch vor 5 Jahren „kenne“ ich ja auch den Generaldirektor des komischen US-Landes Labadee, das ich etwas despektierlich „Disney-Land“ tituliere – er ist auch Generalkonsul einer europäischen „Großmacht“ -, und ich meinte irrtümlich das nütze.
Die hunderte von Blauhelmen mit ihren Panzern unterwegs sind wieder abgezogen, und ich habe ein Zimmer im „Mont-Joli“, was vorerst unmöglich schien. Mir scheint der Präsident habe seine Pläne geändert, auch wenn er immer noch überall erwartet wird, und auch die Lokalradios von nichts anderem sprechen.
Es ist Donnerstag 14 Uhr, hier sagt man 2 p.m. Jetzt habe ich Hunger und will meinen bisherigen Artikel absenden und erst später durch eine Fortsetzung verlängern. Dann folgen auch die Fotos, die ich von den People-Boats der einheimischen Boat-People geschossen habe.
Ein symbolischer Beitrag zur Völkerverständigung und eine Hoffnung auf Sieg über die Armut, ein Funke der bei Tausenden von Anwesenden und bei Millionen von Fernsehzuschauern auf der ganzen Welt zünden wird.
Wünschen wir, dass dieser Funke einen weltweiten Flächenbrand entfacht, nach Manier der Haitianer, die nach alter Väter Sitte nach der Ernte ihre Felder anzuzünden pflegen, in der Überzeugung, diese werden dann in der Zukunft doppelt so viel Früchte tragen. Mit dem modernen Internet musste das ja, so gut wie mit dem uralten Feuer, eigentlich möglich sein.
Noch versteckt sich das Christkind vor der Tür in welchem der beiden People-Boats verbirgt es sich wohl unserem neugierigen Blick? In den Träumen unserer Kinder und derer von hier und von drüben spielt das keine Rolle. Lasst uns gemeinsam mit den Menschen von Haiti einen grandiosen vorweihnachtlichen Traum spielen: das schöne Märchen vom Goldregen möge sich bewahrheiten!
Seit 11 Stunden bemühe ich mich um Übermittlung, bin am einzigen Hotspot in Cap Haitien…, chaotische Zustände anlässlich der Ankunft der “Oasis of the Seas“
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