Hunderttausende aber vegetieren immer noch unter Zelten und Laken, denn die wenigsten Hilfsorganisationen verschenken ihre „Häuser“ entschädigungslos. Auch die Infrastruktur kostet eine schöne Stange Geld, und um die Cholera endlich in Griff zu bekommen müssen Fäkalien-Entsorgung und Wasserversorgung klappen. Auch eine gute Lichtquelle mindestens im Bereich der Latrinen ist unumgänglich, nehmen doch besonders in diesem Umfeld Vergewaltigungen und Raubdiebstähle enorm zu. Auch Entführungen sind wieder vermehrt zu beklagen. Ich bin deshalb sehr skeptisch, dass die neue Präsidentschaft mit Entourage davon träumt, die Blauhelmbestände abzubauen, nimmt doch die Unsicherheit jetzt schon wieder beachtlich zu.
Einen einzigen Bautyp muss ich noch erwähnen, der eine garantierte, 100%ige Erdbebensicherheit bietet: es ist der Typus der Luftschlösser. Nicht zu verwechseln mit den aufblasbaren Häusern und Zelten, handelt es sich dabei um rein mentale Vorstellungen und Fantasien, so wie vor zwei Jahren das Projekt Cité de Lac am Azüey-See, wo zusammen mit der Dominikanischen Republik am größten See des Landes eine Riesenstadt aus dem Boden gestampft werden sollte. Unglücklicherweise wurde das Projekt ausgerechnet am 1. April publiziert, und jedermann glaubte an einen Aprilscherz. Es erfolgten aber tatsächlich großflächige Erdbewegungen, ein Netz neuer Stassen wurde gebaut, und auch an der Universität und anderen Neubauten wurde gearbeitet. Die traurigen Ereignisse vom 12. Januar 2010 machten aus dem Projekt leider nachträglich doch so etwas wie einen schlechten Aprilscherz, denn seither stehen sie wirklich still.
Luftschlösser bleiben immer noch genug. jedenfalls mehr als Projekte: vom Flugplatz und einer Cola-Fabrik in Miragoâne über Luftkissenboot und Hotel auf der Insel La Gonâve bis zum submarinen rollenden Tunnel von Miami nach Labadee und zur Drehluftseilbahn von Milot auf die Zitedelle, die dann dem Namen „Achtes Weltwunder“ alle Ehre machen würde und gleich noch fünf Sterne aufgesetzt bekäme. Aber ich sage einmal mehr: in Haiti ist nichts ausgeschlossen. Und „Gott gab die Zeit, von Eile hat er nichts gesagt …“
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