Gestern Freitag kamen mich mir vorher unbekannte Leser aus Deutschland besuchen, das geschieht hie und da und freut mich jedes Mal. Sie kamen an einem ganz besonderen Tag – ich weiß nicht ob das geplant oder „nur“ Zufall war. Jedenfalls sind sie mitten in ein weltweit einmaliges Ereignis hereingeplatzt und mussten froh sein, eine Kutsche vom Flughafen zu ihrer Unterkunft zu finden- hatten sie mich doch erst danach über ihre Ankunft informiert.
Am 28. November, es war noch letztes Jahr, war die berühmte Wahl oder hätte sein sollen. Die Wahl für das schwierigste Präsidentenamt der Erde, Mister Clinton hat es so gesagt und auch die schwierigste Wahl der Welt, unter den Auspizien so vieler bestandener und abgestandener Gremien der Welt, aller Grossmächte und denen die sich das zu sein fühlten- und unter den Sperberblicken aller noch lebenden einstigen Diktatoren und Präsidenten auf Lebenszeit. Einige Häuptlinge haben sich zwar vorzeitig, freiwillig oder unfreiwillig abgesetzt oder umgebracht, andere rangeln immer noch – ein halbes Jahr später – um die Rechtmäßigkeit der Senatorenwahl. Der gewählte und jetzt eingesetzte Präsident hat im Gegensatz zu all diesen Gremien Rückgrat bewiesen und verlauten lassen, dass er nicht akzeptiere, mit diesem korrupten Parlament zusammen zu arbeiten. Es wird spannend bleiben.
Spannend sind auch die gegenwärtigen drei Tage, so lang dauert das Fest, ganz wie es sich gehört. Schon am Freitag gehörten die Straßen dem Fußvolk, welches sich von den Schwarzen Bergen hinunter wälzte über Pétion-Ville und aus dem ganzen Land zum Champs-de-Mars, dem Platz der Helden und Ausbeuter, der für derartige Feste gedacht aber jetzt zweckentfremdet war. Denn immer noch dienen die ehemaligen Rasenflächen tausenden von Obdachlosen als Wohnstatt. Wohnstadt, müsste man schreiben, denn aus dem Ameisenhaufen ist eine sauber geputzte Zeltstadt geworden, mit Straßen Plätzen und Latrinenzeilen zwischen Reiterstatuen, die jetzt verwirrt und verloren auf ihr Fußvolk hinunterblicken.
Das habe ich schon vor der Wahl gedacht, das schwierigste Amt der Welt. – Wo müssen so viele elementare Probleme auf einmal gelöst werden. Und vielleicht kann er genau die Änderungen anstoßen, zu denen ein herkömmlicher haitianischer Politiker nicht im Stande wäre…
An neuen Ideen fehlt’s ihm jedenfalls nicht. Und das ist das Einzige, was in hoffnungslosen Fällen noch helfen kann.Stossen wir auf ihn an, prost!