Sozialismus in Lateinamerika: Die Angst der Ewiggestrigen

chav

Datum: 26. Februar 2012
Uhrzeit: 10:37 Uhr
Leserecho: 13 Kommentare
Autor: Redaktion
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► Am physischen und politischen Überleben von Chávez interessiert

Millionen von Menschen, die noch nie einen Fuß nach Venezuela gesetzt haben, sind am physischen und politischen Überleben von Hugo Chávez interessiert. Mit seinem Schicksal sind am meisten Nicaragua und Kuba verknüpft, die jährlich Geschenke, langfristige Darlehen und Öl zu niedrigen Preisen in Milliardenhöhe erhalten. Andere Länder wie Bolivien und die Dominikanischen Republik haben ebenfalls von der Großzügigkeit des erkrankten bolivarischen Führers profitiert und nur begrenzte Möglichkeiten, einen eventuellen Ausfall ihres Spenders zu kompensieren.

Chávez hat sich am Wochenende mit einer an ein Tollhaus erinnernden Veranstaltung von seinen Anhängern nach Kuba verabschiedet und wird sich in den nächsten Tagen einer weiteren Tumoroperation in Havanna unterziehen. Dass sich das Castro-Regime überhaupt noch über Wasser halten kann, verdankt es der jahrzehntelangen „brüderlichen Hilfe“ durch die Sowjetunion und nach deren Zusammenbruch nun der milliardenschweren Unterstützung durch Venezuela. In der bolivarischen Republik bastelt Fidel-Bewunderer Chávez seit 13 Jahren an seinem Modell des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, dass trotz der hohen Erdölpreise nicht in die Gänge kommt. Der Zusammenbruch auf Raten hat längst begonnen, obwohl dies die staatlich kontrollierte Presse und einige abkupfernde westliche Gazetten naturgemäß ganz anders sehen.

Viele haben in diesen Tagen guten Grund, sorgenvoll nach Havanna zu schielen und sich über das Schicksal des linksgerichteten Volkstribuns auf dem Laufenden zu halten. Bereits jetzt weisen seine politischen Feinde darauf hin, dass sein Gegner bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Oktober die „asymmetrischen“ wirtschaftlichen und auf Basis von Ideologien gründenden „Hilfslieferungen“ bei einem Wahlsieg einstellen wird. Venezuela wird weiterhin subventioniertes Öl in die ärmsten Länder wie Haiti liefern, aber mit den Geschenken für Staaten wie Kuba, Nicaragua und Syrien wird es vorbei sein.

Kuba ist abhängig von Venezuela. Nach Meinung der Analysten bezieht das marode Regime zwei Drittel seines Öls aus dem südamerikanischen Land. Der venezolanischen Cashflow im Austausch für Dienstleistungen, wie der Einsatz von Ärzten und Sportlehrern, beläuft sich auf rund 5 Milliarden Dollar jährlich. Der Betrag entspricht damit etwa 15% der kubanischen Wirtschaft im Jahr 2008. Ohne diese Hilfe müsste die Karibikinsel eine starke Rationierung von Lebensmitteln einleiten, das Chaos wäre vorprogrammiert. „Die kubanische Regierung ist sich sehr wohl bewusst, mit welchen Risiken sie bei einem Ausfall von Chávez konfrontiert wird. Kubas Reformen sind ein Versuch, einen möglichen Ausfall zu kompensieren“, erklärte Michael Shifter von der Organisation Inter-American Dialogue mit Sitz in Washington.

Nicaragua erhält den größten Teil seiner Öl-Subventionen aus Venezuela, die im Rahmen der jährlichen Überweisungen von der Chávez-Regierung bei geschätzten 600 Millionen Dollar liegen. Dies ermöglicht der Regierung von Präsident Daniel Ortega Stromrechnungen und das Transportwesen zu subventionieren. Ortega scheint sich der Gefahr bewusst zu sein und hat in den letzten Monaten vermehrt ausländische Investoren kontaktiert. Viele Kredite kommen inzwischen nicht mehr aus Venezuela, sondern von multilateralen Kreditgebern wie der Inter-American Development Bank.

Laut Julio Andrés Borges Junyent, Vorsitzender der Partei Primero Justicia („Gerechtigkeit Zuerst“), hat die Regierung in Caracas zwischen 2005 und 2011 rund 82 Milliarden US-Dollar in Form von Zuschüssen und Subventionen an mehr als 40 Länder gewährt. Kuba ist mit mit 28.5 Milliarden Dollar mit Abstand der Hauptnutznießer, gefolgt von Nicaragua mit 9.7 Milliarden und Argentinien (9.2 Milliarden). Nach seinen Worten wären Staaten wie Kuba und Nicaragua ohne die Hilfe des großzügigen Bruders wirtschaftlich schon längst nicht mehr lebensfähig. Dafür wird Venezuela von rund 37.000 Kubanern bevölkert, die überall im Lande Schlüsselpositionen einnehmen. Da Chávez seinen eigenen Landsleuten nicht vertraut, sind wichtige Positionen in den Streitkräften, den Milizen, im Geheimdienst, im diplomatischen Dienst und im Gesundheitswesen von Ausländern besetzt.

Die Dominikanische Republik ist laut Analysten für einen Ausfall ebenfalls nicht gerüstet. Im Rahmen des Petrocaribe-Abkommens sind die Schulden des Landes bei der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA weiter angestiegen. Zahlen aus dem Finanzministerium des Landes zeigen, dass die Verpflichtungen für die Abnahme von Rohöl und raffinierten Produkten Ende letzten Jahres über 2,4 Milliarden US-Dollar betrugen. Damit stiegen die Verpflichtungen an Venezuela im Vergleich zum Jahr 2010 (1,8 Milliarden US-Dollar) um 32,7 Prozent. Die Regierung der DomRep zahlte in der Vergangenheit einen Teil ihrer Schulden mit schwarzen Bohnen und flüssigem Zucker. Caracas will nun ebenfalls Materialien für den Bau von rund 100.000 Wohnungen kaufen. Der Internationale Währungsfonds hatte es vor kurzem abgelehnt, ein erneutes Darlehen der dominikanischen Regierung über 500 Millionen US-Dollar zu verlängern.

Henrique Capriles Radonski, Kandidat der größten Oppositionspartei Primero Justicia für die Präsidentschaftswahlen in Venezuela, will bei einem möglichen Wahlsieg die militärischen Akquisitionen mit Russland und China überdenken und sich mehr auf wirtschaftliche Beziehungen zu den USA konzentrieren. Venezuela hat seit 2005 für mehr als 4 Milliarden Dollar Waffen aus Moskau gekauft, China bietet für Öllieferungen im Laufe des nächsten Jahrzehnts mehr als 32 Milliarden Dollar an Krediten.

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  1. 1
    Gast.

    Da geht einigen der Arsch auf Grundeis,und die Chavistas beten das
    Er noch lange lebt sonst müssten sie ja Arbeiten ein böses Wort.

    • 1.1
      peterweber

      konzentrier dich endlich mal auf einen namen…………. ok?

      • 1.1.1
        escéptico

        Wer hier immer als Gast schreibt, hat doch seinen Namen.
        Und wo er recht hat, hat er recht :)

  2. 2
    Der Bettler

    Schlimm ist,daß nach Chavez und seiner Regierung alles an Tageslicht
    kommt,was er und seine Schergen auf die Seite geschafft haben.Und nach Chavez wird es auch ein oder zwei Griechenland in LA geben.Aber vor-
    erst ist er noch am Ruder.

  3. 3
    Wolfgang

    Gott schütze uns vor „Hay un camino“ … bei Chavez ist nicht alles „Gold“ (wo ist das schon so???) aber man weiß woran man ist.

    • 3.1
      hugo

      genau so ist es! in den usa haben ca. 40 millionen menschen nicht mal ne krankenversicherung. beispielhaft!!!

    • 3.2
      Martin Bauer

      Ja, wir wissen woran wir sind. Die von der Linkspartei nach Venezuela geschickten Brunnenvergifter sind die ersten, die wir aus dem Land jagen werden.

    • 3.3
      escéptico

      Dann ist ja alles geklärt.
      Merkel for ever
      Obama for ever
      ….

      vielleicht nicht die beste Lösung
      ABER
      da wissen wir wenigstens, was wir haben
      (und der Mensch entwickelt sich zurück zu seinem Ursprung)

      TOLLE AUSSICHTEN

  4. 4
    Linus Bracher

    Jo, Hugo. Und in Wanne-Eickel sind die Mülltonnen voll.

    • 4.1
      hugo

      nicht nur die, vielleicht auch du!

  5. 5
    Der Bettler

    Hugo,und in Venezuela hat überhaupt keiner eine Krankenversicherung,
    weil sie ein Jahresgehalt von einem Arbeiter kostet.Es ist allgemein bekannt
    und es wundert mich,daß Sie da nicht informiert sind.Außerdem ist in den
    USA Krankenversicherung eine freiwillige Sache,wer will kann sich jeder-
    zeit versichern lassen.In Deutschland ist es eine Pflichtversicherung für
    jeden berufstätigen Menschen.Richtig!! Bei Chavez weiß man wie man dran ist. Man sieht Jahr für Jahr ganz genau,wie stückweise Venezuela
    zur Bananenrepublik abrutscht.

    • 5.1
      hugo

      ja, ja. ist freiwillig, wenn man sie sich leisten kann und die mülltonne genügend verpflegung zum täglichen überleben offeriert. tss.tss. in deutschland ist die krankenversicherung pflicht. der schuss ging allerdings nach hinten los, da alleine in der privaten kv ca. 145000 mitglieder ihre beiträge nicht mehr zahlen können und in der gesetzlichen sieht es noch düsterer aus. in venezuela ist sicherlich nicht alles schön diesbezüglich. nur wie war es vor chavez. jetzt konnte meine bekannte sich kostenlos behandeln und verarzten lassen. man kann alles kritisieren und in’s lächerliche ziehen. das ist immer einfach und für einfache gemüter immer sehr willkommen. wenn ich dann höre, …“die wir aus dem Land jagen werden.“… alleine dieser rassistische jargon zeigt doch eigentlich nur, wessen geistes kind diese type ist. für venezuela hat es eben gerade noch gereicht. offensichtlich hat er keinen anderen platz mehr gefunden auf der welt als unter „diesem linken pack“. solche typen sollte chavez schnellstens aus dem lande jagen. diese zivilisationsflüchtlinge braucht venezuela mit sicherheit nicht.

      • 5.1.1
        Linus Bracher

        Der Mann hat die Blödheit mit Löffeln gefressen

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