Heute feiern die Chilenen ihre Nation und Barbara ihren Geburtstag. Es hätte auch einen Tag früher oder später sein können, aber sie kam nun mal am 18. zur Welt. Die chilenische Nation wurde zwar nicht an einem 18. September geboren, sondern am 12. Februar 1818, aber die Kämpfe für eine unabhängige Republik begannen bereits zehn Jahre vorher – am 18. September.
In der bewegten Geschichte Chiles zwischen Demokratien und Diktaturen, Salpeter- und Bürgerkrieg, Grenzstreitigkeiten, Bauern- und Arbeiterrebellionen scheint der September eine besonders schicksalhafte Rolle zu spielen. Am 18. September 1891 beging José Manuel Balmaceda, Chiles Präsident von 1886-91, Selbstmord. Er hatte sich in seiner Amtszeit um nationale Einheit bemüht, aber als er beabsichtigte, die Salpeterminen zu verstaatlichen, war es aus damit. Die chilenische Marine putschte und trat einen Bürgerkrieg los, der ein paar tausend Menschen das Leben kostete und an dessen Ende Balmacecas Freitod stand.
Im September 1973 nahm sich wieder ein Präsident das Leben. Diesmal am 11. des Monats. Salvador Allende erschoss sich im Präsidentenpalast ‚La Moneda‘, kurz bevor ihn das Militär stürmte. Auch diesmal hatte die Marine den Putsch initiiert. Um Salpeter ging es schon lange nicht mehr, dafür war es Allende gelungen, die Kupferminen zu verstaatlichen. Das chilenische Experiment eines demokratischen Sozialismus, das an einem Tag im September – dem 4.9.1970 – begonnen hatte, ging blutig zu Ende. Dem Militärputsch vom 11. September folgte kein Bürgerkrieg, aber Mord, Folter, Verfolgung und Exil, eine Diktatur, wie sie das Land bis dahin nicht kannte und die siebzehn Jahre dauern sollte.
An jenem 11. September trat Chile auch in Barbaras Bewusstsein. Sie war jung und enthusiastisch, ein Mädchen aus Ost-Berlin. Sie stand noch immer unter dem Eindruck der Weltfestspiele der Jugend und Studenten, die kurz zuvor in der Hauptstadt ihrer Heimat DDR statt gefunden hatten. Da waren sie ihr auch zum ersten Mal begegnet, die schwarzäugigen, leidenschaftlichen Chilenen mit ihren Ponchos und Gitarren, die revolutionäre Romantik in den eher tristen real-sozialistischen Alltag der DDR-Jugend brachten.
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